Skip to main content

Wenn das Schlachten vorbei ist

Autor T.C.Boyle
Verlag dtv
ISBN 978-3-423-21625-8

„Satire“ hat einer der Rezensenten der Originalausgabe diesen ? Thriller genannt – doch wenn, dann ist das Realsatire: Dokufiktion zu bedauernswert realen Themen, rund ums Eingreifen von Menschen ins ökologische Gleichgewicht an sich ausgewogener Natur. Geschickt verwoben darin die Geschichte zweier Menschen-Familien, die einander auf der selben Insel begegnen, zeitlich getrennt und letztlich dann doch „vereint“: Santa Cruz ist das Zentrum des Geschehens über mehr als ein halbes Jahrhundert, beginnend gleich nach Ende des Zweiten Weltkriegs: „An einem Märztag 1946 schippert Beverly mit Ehemann Till und dessen Bruder vor der wilden Südküste Kaliforniens. Sie wollen in der Nähe der Inseln vor dem Santa-Barbara-Kanal angeln. Doch dann bricht ein Unwetter aus, und nur Beverly kommt knapp mit dem Leben davon. Etwa fünfzig Jahre später kämpft ihre Enkelin Alma, eine Umweltschützerin, für die Wiederherstellung des ökologischen Gleichgewichts dieser Inseln. Sie sind von Ratten verseucht, von Wildschweinen überlaufen, von fremden Adlern heimgesucht. Im gegnerischen Lager engagiert sich Dave LaJoy, um das Leben der Tiere zu retten. Wer hat recht? Soll man die Rettung eines Ökosystems verfolgen oder Töten um jeden Preis verhindern?“ Interessant, wie Boyle diese Auseinandersetzung zweier unterschiedlicher Arten von Aggression ausgehen lässt … Im Widerstreit stehen dabei auch oberflächliche action und tiefschürfende Einstellung, etwa zum Züchten, Schlachten und Essen von Tieren, zwischen LaJoy und seiner Gefährtin. Er als erfolgreicher Geschäftsmann im Grunde Menschenfeind, der sein Betätigungsfeld als Tierrechts-Aktivist findet. „Wie können Sie von den Regeln der Höflichkeit sprechen, wenn unschuldige Tiere zu Tode gefoltert werden sollen? Ich werde erst wieder höflich, sein, wenn das Schlachten vorbei ist und keine Minute früher.“ Was den Titel des Buches erklärt … Mehrfach verwoben findet sich das Abtreibungs-Thema wie auch Beziehungs-Fragen, dazu Anklänge von Rassismus, hier mal gegen „Japse“, in den 1960-er Jahren für viele Amerikaner noch als Trauma von Pearl Harbor: weite Felder also … Wenig überraschend, dass dies bereits die dritte Ausgabe bei dtv ist – lesenswert! HPR

Hanspeter Reiter