Von der Zukunft her führen
Autor | Otto C. Scharmer, Katrin Käufer |
Verlag | Carl-Auer |
ISBN | 978-3849700423 |
Die Autoren spannen einen großen Rahmen, indem sie – ausgehend von den jüngsten Krisen in Wirtschaft, Klima, globaler sozialer Lage und Finanzen – die mentalen Modelle nachzeichnen, die nach ihrer Auffassung die bisherige wirtschaftliche, politische und soziale „Evolution“ zur Grundlage haben. Die Entwicklung gehe von einer Wirtschaft bzw. „Globalisierung“ 1.0 zur gegenwärtigen 4.0 mit entsprechenden Veränderungen der „strukturellen Kopplungen“ in der Art von Denken und Handeln (die jeweils dekliniert wird) sowie von einem „Egosystem- zu einem Ökosystem-Bewusstsein“. Gemeint ist der Weg hin zu einer partizipatorischen und dem Gemeinwohl verpflichteten Wirtschafts- und Gesellschaftsorganisation, die den Einzelnen ebenso wie Gruppen anhalte, stets mit Blick auf die Folgen ihres Handelns und – gemäß der Theorie U – von der „erspürten“ gewünschten Zukunft her zu agieren. Das beginne in im „Selbst“ des Einzelnen, in den verbreiteten mentalen Modellen manifestiere sich im konkreten Tun. Mit Peter Senge, Glaubenssätzen aus dem Tao und dem Plädoyer für eine Geisteshaltung hoher Aufmerksamkeit und Sensibilität für das Gegenwärtige im Geist des Wir und des Ökosystems statt des Ichs und Egosystems („Presencing“) plädieren die Autoren für einen Paradigmenwechsel im Denken und Handeln, für das sie zahlreiche Beispiele auf individueller und kollektiver Ebene in verschiedenen Organisationen und aus verschiedenen Ländern erzählen. (Aufmerksame Zeitungsleser können diese Liste ergänzen.) In einzelnen Kapitel wird der Werdegang von 1.0 zu 4.0 dekliniert, so auch für Führung von Unternehmen und Mitarbeitern. Die Ausführungen sind eingebettet in eine Art sozial-philosophischen Horizont oder Utopie, gemeint als anzustrebende und realisierbare Form globaler gesellschaftlicher Organisation und Kooperation. Das ist insofern konsequent, als die Autoren – der Theorie U folgend – die „Gegenwärtigung der höchsten zukünftigen Möglichkeit“ anivisieren. Diese ist global bezogen und muss regional umgesetzt werden – im Rahmen einer „relationalen Umstülpung“ von Denk- und Handlungsparadigmata und unter Umgehung kognitiver Fallen: vom Ich zum Wir, vom Ego zu Öko, etwa von einer liberalistischen und damit individualistischen zu einer Wirtschaftsform der Empathie und des Ökosystems (Kapitel 6 und 7). Um das Abstrakte zu illustrieren, begnügen sich die Autoren nicht mit exemplarischen Schilderungen von Anwendungen, sondern bieten in jedem Kapitel Schlussfolgerungen und sensibilisierende Übungsanleitungen für Einzelne und für Gruppen an. Unabhängig davon, wie man die theoretische und/oder philosophisch-philanthropische Ausrichtung mit dem Pathos des „Weltrettens“ und die Plausibilität der Ausführungen einschätzt, gewinnt der Leser wertvolle und durch Beispiele illustrierte und konkretisierte Impulse, um im persönlichen Wirkungsbereich, privat wie beruflich, Akzente zu setzen auf dem Weg „vom Ich zum Wir“ und vom „Ego zu Öko“.
Dr. Regina Mahlmann, www.dr-mahlmann.de