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Von Marx bis Maulwurf

Autor Uwe Sonnenberg
Verlag Wallstein
ISBN 978-3- 835-31816-8

„Linker Buchhandel in Westdeutschland in den 1970er Jahren“ im Detail recherchiert und in den historischen Kontext gestellt – also mit einem starken Einblick ins gesellschaftspolitische Geschehen dieser Zeit.
Inhalt im Überblick
„Aus den Aufbrüchen der 1968er Jahre heraus entstanden bundesweit unzählige linke Verlage und Buchläden. Mit Klassikern des Marxismus und Schlüsseltexten der Studentenbewegung prägten sie in den 1970er Jahren wesentlich die politische Kultur der alten Bundesrepublik.
Uwe Sonnenberg untersucht Entstehung, Charakter und Wandel dieses Buchhandels. Dabei nimmt der Autor mit dem Verband des linken Buchhandels (VLB) einen wenig bekannten, bislang einzigartigen Zusammenschluss in den Fokus. Gegründet 1970, vereinigte er parteiunabhängige, kollektiv betriebene Verlage, Druckereien, Vertriebe und Auslieferungen. Er besetzte Begriff und Praxis dieses Bewegungsbuchhandels und bildete ein eigenes politisch-literarisches Feld und einen eigenständigen ökonomischen Sektor. Bundesweit waren zwischen 150 und 200 Projekte im VLB engagiert.“ Übrigens nicht zu verwechseln mit dem „Verzeichnis lieferbarer Bücher“ des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels (bzw. dessen MVB  …).
Einordnung
„Sonnenberg zeigt, wie die von den linken Buchhandelsunternehmen produzierte und vertriebene Literatur Weltbilder und Denkweisen ihrer Produzenten und Rezipienten prägte. Damit gelingt es dem Autor, Buchhandels- und Zeitgeschichtsforschung auf innovative Weise miteinander in Verbindung zu bringen.“ Und hat dafür extrem akribisch wer weiß wie viele Archive gewälzt und besucht, wie er zum Teil auch andeutet: Der Anhang mit Registern, Bibliografie etc. pp. umfasst alleine 57 Seiten – der Fußnoten-Apparat ist schier füllhornartig. Bedient wird also genauso der interessierte Schnellleser (wie ich), der einen Überblick gewinnen möchte – wie auch der forschende Interessent, super!
Desiderat?!
Das ist zum Thema definitiv befüllt … Was mir ein wenig fehlt, ist der Blick auf die linke Dritte-Welt-Szene – wohl, weil ich selbst mal dazu gehört habe. „Kolonialwarenladen“ hieß das Projekt der Evangelischen Jugend München, an dem ich in den 1970-er Jahren mitgearbeitet habe, zeitweise in Uni-Nähe angesiedelt. Doch das ist natürlich ein höchst subjektiv empfundenes Desiderat – und somit im strengen Sinne: streichen!
Contemporary?!
Natürlich ist das selektive Wahrnehmung, dennoch gehört es dazu: Das Börsenblatt (des Deutschen Buchhandels) meldet (online 04.11.2016): „Berliner Kulturleben: Literatur-Salon Karl-Marx-Buchhandlung schließt. Knapp zwei Jahre ist es her, dass in der ehemaligen Karl-Marx-Buchhandlung in Berlin der Literatur-Salon eröffnet wurde. Nun hat der Träger, die Cobblestone Filmproduktion, das Aus für die ambitioniert gestartete Initiative verkündet – wegen mangelnder Wirtschaftlichkeit.“ Siehe http://www.boersenblatt.net/artikel-berliner_kulturleben.1247062.html. HPR

Hanspeter Reiter