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Ein Mord, den jeder begeht

Autor Heimito von Doderer
Verlag C.H.Beck
ISBN 978-3-406-69961-0

Als bekennender Krimi-Fan war ich auf diesen „Krimi“ schon besonders gespannt. Und dieser Doderer erwies sich natürlich als das, was zu erwarten war: Ein sehr spezieller Kriminalroman. Auch wenn er als solcher daher kommt, ist er durchaus anders: Eher ein Bildungsroman, das Aufwachsen eines jungen Mannes, der sich erfolgreich durchsetzt. Doch dann entwickelt sich alles ganz anders …
Die Geschichte
„Louison Veik, die jüngste Tochter des Landgerichtspräsidenten Veik, wird ermordet und ihres kostbaren Schmuckes beraubt. Die Suche nach dem Mörder bleibt ergebnislos, der Fall muß zu den Akten gelegt werden. Sie ruhen sieben Jahre lang bis zu jenem Tag, da Conrad Castiletz die Schwester der Ermordeten heiratet. Er sieht zum ersten Mal das Bild der Toten, und eine tiefe und unerklärliche Zuneigung zu ihr überkommt ihn. Er versucht nun, von einem seltsamen Zwang getrieben, das Verbrechen aufzuklären, vernachlässigt dabei seine Frau und gefährdet seine Existenz. Aber er ist bereits so tief in den Bann der Toten geraten, dass der Sinn seines Daseins sich nur erfüllen kann, wenn er den Mörder findet. Die Entdeckung schließlich ist furchtbar …“ und für den Mörder selbst unerwartet.
Und die Moral …?
Entfessle fremde Kräfte nicht, ließe sich fast als Fazit schließen: Manches Mal könnte es besser sein, alles auf sich beruhen zu lassen … So aber kommt es zum absolut unhappy-ending – und letztlich zu eben dem Abwägen von Schuld und Sühne, das letztlich nur Leser selbst „in die Hand nehmen“ kann. Als solcher werden sie deutlich vorm Ende erkennen, wer da welche Rolle zu spielen hat – oder schon bald nach dem Anfang. So hat Doderer die Struktur auch bewusst angelegt, offensichtlich. In einem Roman, der faszinierend tiefschürfend ein Gesellschaftsbild abliefert, wie in seinen anderen auch, den deutlich längeren. Lesen Sie „Ein Mord, den jeder begeht“ – und fragen Sie sich abschließend: „Ich auch?!“ – HPR

Hanspeter Reiter