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Neuromarketing-Kongress 11.05.2017: Creating strong feelings: Storytelling & more – beim NMK 2017, letztmalig in der BMW-Welt

Überraschendes macht aufmerksam, das wissen wir (auch) aus der Hirnforschung: Change wurde gleich mit angesagt, nämlich: Format und Lokation für 2018 kommen neu. Spannung halten … Deshalb später mehr dazu! Anders erschien mir dieses exzellente Event auch dieses Mal, wenn das wohl auch ein sehr individueller Eindruck war, noch im gewohnten Rahmen mit lockerem Sitzen im dennoch vollen Konferenz-Raum und leckerem Catering in den Pausen – oder auch „dazwischen“ für jene, die netzwerken wollten. Anders also wodurch? Meine Kontakte in den Pausen waren dieses Mal alles „Newcomer“, erstmals dabei also. In den Vorjahren war ich meist auf Wiederholungstäter gestoßen, doch das wird Zufall gewesen sein: Wozu sonst Ändern des erfolgreichen Formats? Das Vorabend-Event übrigens passt neurowissenschaftlich ebenfalls bestens ins Bild: Erleben – Emotionen – Erfreuen …

Jubiläen allerorten – auch hier (teils aus der PI von Haufe, via W+W auch Kooperations-Partner von GABAL e.V.): Seit nunmehr zehn Jahren diskutiert der Neuromarketing Kongress die Frage, wie Kaufentscheidungsprozesse im Kundengehirn ablaufen. Denn Marken und Unternehmen überzeugen kaum durch Fakten allein. Werbung setzt deshalb schon lange auf die Kraft der Emotionen: Drogerien betonen ihr nachhaltiges Handeln, Outdoor-Ausrüster setzen auf den Wunsch nach Individualität, und Supermärkte werben mit Zuhause-Feeling. Marken sprechen also jeweils genau das an, was den anvisierten Kundengruppen wichtig ist: Harmonie oder Abenteuer, Anerkennung oder Macht, Sicherheit oder Zugehörigkeit. Damit verfolgen sie eine konsequent wertebasierte Marketingstrategie – so auch der Untertitel des Kongresses.

Eröffnet wurde der Kongress traditionell von Dr. Hans-Georg Häusel, Gründer und Senior Partner der Gruppe Nymphenburg. Er erklärte gewohnt anschaulich, wie Unternehmen mit Erlebenlassen von Emotionen und Leben von Werten Orientierung bieten können und es genau damit schaffen, Kundenherzen (langfristig) zu erobern.

 

Ein Blick ins Gehirn des Kunden
Einen tiefen (Ein-)Blick ins Kundenhirn boten Prof. Dr. John-Dylan Haynes und Dr. Henning Beck. Die beiden Neurowissenschaftler lieferten die wissenschaftliche Grundlage für die danach folgenden Best Practices, mit besonderem Fokus auf gutes Storytelling: Der Kunde kauft keine Eigenschaften eines Produkts, er sehnt sich nach der Geschichte dahinter. Diese Story muss von Menschen kommen, nicht vom Computer. Computer können nur „schnell“ statt „emotional“. Mensch erlernt Konzepte und wendet sie an, skaliert breit statt tief, anstelle von Deep Learning: Das erinnerte mich (als Linguist) an meine Tochter und ihren Spracherwerb (OMG – bald 30 Jahre her …): Das Wort „Kran“ hat sie konzeptuell vorüber gehend übertragen auf alles „hoch oben“, z.B.: Strom-Kabel … (N.B. Eines ihrer ersten Worte nach Mama (tja…) und Papa war übrigens „Enzyklopädie“ – ob das meiner intensiven Tätigkeit mit und für Brockhaus geschuldet sein mag ;-) ?! Selektive Wahrnehmung, noch so ein Konzept des menschlichen Gehirns, im Rahmen der wichtigen Aufgabe, zu filtern nämlich!)
Wie sehr die Haptik uns leitet, wie wichtig Multisensuales durch Print (also: analog!) statt digital nach wie vor ist, was uns die Hirnforschung dazu sagen kann, darüber berichteten die beiden folgenden Rerenten. Nach diesesm Zwischenspiel vonseiten des Mitveranstalters Gruppe Nymphenburg (Vorstand Bernd Weber zu Marken-Werten) und des Münchner Werber-Magazins W&V-Chefredakteurs Dr. Jochen Kalka mit launig-augenzwinkernder Präsentation zu Erlebnis – und Werte-Welten ging es dann weiter mit Anwender-Beispielen aus Unternehmen:

Mehr Emotion als beim Profi-Fußball geht kaum: Carsten Cramer, beim BVB Dortmund zuständig für die Bereiche Vertrieb, Marketing und Business Development, erklärte die ganz besondere Vermarktungsstrategie des Bundesligisten. Dabei blitzte auf, was diesen Verein aus dem Ruhrpott von anderen unterscheidet, mit durchaus dem einen oder anderen Seitenhieb auf den „Hausherrn“ in München: „Echte Liebe“ – beim BVB kein leerer Claim, sondern ein Versprechen an die Fans, das bei jeden öffentlichen Auftritt gelebt wird. Und wenn da der Trainer weniger dazu passt … Leser weiß, was bald darauf geschah, mit Ansage …

Eine spezielle Erfolgsgeschichte kam von Anton Stetter. 1999 konzipierte der Unternehmer gemeinsam mit seinem Bruder das Projekt „bayrischer Whisky“. Die beiden Schlierseer verkaufen unter dem Namen Slyrs Destillerie und haben sich vom Exoten zu einem Global Player des Whisky-Marktes entwickelt, der No. 1 unter inzwischen mehr als 100 deutschen Destillerien. Dabei haben sie konsequent auf Authentizität gesetzt, um am Markt und bei den Kunden zu punkten. Natürlich passte ihnen die Story rund um irisch-keltische Mönche bestens, die vor vielen Jahrhunderten ihre Abtei am „Slyrs“ gründeten … Mit neuen kreativen Ideen schaffen Sie es, ihre Kunden immer wieder zu begeistern: Auf die Idee muss man erst einmal kommen, Fässer mit dem Skilift auf den Spitzing zu transportieren, um Highland Whisky statt bisher nur „Lowland“ zu erzeugen. Inzwischen gibt es auch einen „Island-Whisky“, der auf Schiffen reift: vor Sylt dümpelnd. Und wie heißt der ? Sild natürlich, wie der alte Wikinger-Name der Insel lautete (für „Hering“, siehe: die Form des Eilands!). Viele Lacher kriegte der Referent aufgrund seiner launigen Anekdoten – gute Laune ist beste Voraussetzung dafür, im Gedächtnis verankert zu werden! Eine letzte sei erwähnt: Den Award als Best European Whisky gab es 2015, und zwar, so ein angebliches Gespräch mit einem englischen Juror hinter der Bühne: „Wichtig war, dass ihr keine Schotten seid!“ – ähäm, *grins* … Dass Stettner als „Markenbotschafter par excellence“ sympathischen bairischen Dialekt anklingen ließ, gehört übrigens linguistisch eben zum Authentischsein …

Unterschiedliche Strategien, gleiches Ziel

Zwei komplett unterschiedliche Erfolgsstrategien präsentierten schließlich Sina Trinkwalder und Wolfgang Grupp. Die beiden Textilunternehmer haben ihren jeweils sehr individuellen Ansatz entwickelt, um in dieser hart umkämpften Branche erfolgreich zu sein. Trinkwalder gründete 2010 das erste textile Social Business Deutschlands und missachtet ganz gezielt die üblichen betriebswirtschaftlichen Regeln. So beschäftigt sie in ihrer Manufaktur ehemals arbeitslose Näher/innen, die sie ausbildet und anhand einer regionalen Wertschöpfungskette ökosoziale Bekleidung produzieren lässt. Dabei sind ihr flache Hierarchien und durchlässige Strukturen wichtig.

Ganz anders Wolfgang Grupp von Trigema. Dem Schwaben ist Tradition wichtig, sein Unternehmen führt er deshalb streng hierarchisch, wenngleich auch er auf Werte setzt. Er produziert jeher am Standort Burladingen, setzt alles daran, die Arbeitsplätze seiner Mitarbeiter zu sichern, während Konkurrenten die Herstellung inzwischen ins billigere Ausland verlagert haben. Seit 1969 hat das Unternehmen weder Kurzarbeit geleistet noch Mitarbeiter aus Arbeitsmangel entlassen.
Womit übrigens beide Unternehmer primär auf den Balance-Typen der Limbic Map zielen, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Mehr zu diesem Konzept u.a. hier>>.

Vernetzen digital?
Der abschließende Vortrag von Dr. Stefan Sigrist, Gründer und Leiter des Think Tanks W.I.R.E., beschäftigte sich mit den Folgen der Digitalisierung. Mit seinem Vortrag zeigte er die Grenzen einer datenbasierten Gesellschaft auf und veranschaulichte, dass datengetriebenes Marketing nicht ohne Menschenverstand auskommt. Zum Abschluss zeigte damit einmal mehr, dass Daten das menschliche Gehirn auch in Zukunft nicht werden ersetzen können: Wenig überraschend, dennoch des Anmerkens wert …

Die Twitter-Wall bietet auch nachträglich interessante Einblicke per Häppchen und Meinungen von Teilnehmenden. Wer sich für den NMK 2018 interessiert, wird hier rechtzeitig Informationen finden: http://neuromarketing-wissen.de/kongress. Dann offensichtlich in neuem Format, mit Workshops – Trainer aufhorchen! Welche Großgruppen-Tools werden ins Spiel kommen, World Cafe, Open Space, Barcamp & Co.? Und auch auf die Location darf man gespannt sein …

PS: Die Nebenbemerkung sei mir abschließend erlaubt: Das Thema beschäftigt mich auch als Herausgeber des „Handbuch Hirnforschung und Weiterbildung“ (Beltz, Herbst 2017), in dem es auch ein kurzes Kapitel dazu geben wird, wie Neuromarketing Trainern, Coaches und Beratern helfen kann. Infos dazu hier>> .



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