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Die Opfer, die man bringt

Autor Hjorth & Rosenfeldt
Verlag Wunderlich
ISBN 978-3-805-25088-7

„Ein Fall für Sebastian Bergman Band 6“ setzt die spannende Reihe fort: 556 Seiten Thriller der heftigen Art, für die sich Leser schon wappnen sollte …

Wie lässt sich Distanz wahren?
…fragen sich manche Protagonisten dieses Skandinavien-Krimis. Sebastian Bergman ist Kriminalpsychologe, hochintelligent und beziehungs“resistent“. Bei diesem Fall steht er (mal wieder?) vor seiner schwersten Entscheidung. Hmm, wird er auch das Richtige tun? Zweifel sind angebracht und werden regelmäßig neu gesät, geschickt von den Autoren – letztlich aus der Person selbst heraus. Es fragt sich: will er überhaupt noch? Und sollte er, nach allem, was er sich bereits geleistet hat? „Kriminalpsychologe Sebastian Bergman hat sich damit abgefunden, dass er Kommissar Höglunds Team bei der Reichsmordkommission verlassen musste. Er widmet sich seinem Buchprojekt und hält Vorträge, einzig zu Tatortanalytikerin Ursula hat er noch Kontakt. Seine Tochter Vanja will ihn weder sehen noch sprechen. Vanja arbeitet inzwischen bei der Polizei in Uppsala, sie ermittelt in einer perfiden Vergewaltigungsserie. Als die Reichsmordkommission eingeschaltet und auch Sebastian Bergman hinzugezogen wird, trifft das Team von einst wieder zusammen: Alte Konflikte drohen zu eskalieren.“ Das war zwar (vonseiten Vanjas) anders geplant, doch sie arrangiert sich mit der Situation, „ihren“ Fall weiter verfolgen zu können. „Und der brutale Vergewaltiger schlägt weiter zu. Bei der Suche nach ihm verdichten sich die Hinweise, dass er seine Opfer nicht zufällig auswählt. Doch gleich mehrere Personen scheinen verhindern zu wollen, dass die Verbindung zwischen den Frauen ans Licht kommt und der Täter gefasst wird.“ Politik im Spiel?!

Der Psychologe und sein Umfeld
Wie immer stehen dem Profiler seine diversen Süchte im Weg: Selbst-, unterdrückte Alkohol- und Sex-Sucht (s. z.B. S. 154ff.): „…Wie es ihm schon nach wenigen Minuten gelang, ihren ursprünglichen Widerwillen gegen seine Gesellschaft zu überwinden und sie auf einen Drink einzuladen.“ Doch ist er zum Zölibat verpflichtet worden, will er im Einsatz bleiben. Ob das allerdings ausgerechnet bei ihm motivierend wirkt … Auch andere Süchte kommen ins Spiel, exponieren sich offenbar zumindest einige der Opfer willig über die Sozialen Medien und werden so angreifbar (S. 389f.). Und manipulierbar? Wobei auch das zu den Süchten des Profilers gehört, andere zu manipulieren – selbst wenn er damit gelegentlich positive Ziele verbindet, aus seiner Sicht jedenfalls: Statt verzweifelt eine Beziehung zu seiner Tochter zu suchen, jene zu ihrem langjährigen Pflegevater zu reaktivieren (S. 432ff.). Nun, Leser wird sehen, wohin all das führt: Wie immer ein Wechselbad aus Beziehungs-Krisen im Team und erzielten Erfolgen … Fast ein Praxisbuch für Team-Entwicklung, interessant auch deshalb für Weiterbildner jeglicher Couleur! HPR

Hanspeter Reiter