Fatum

„Das Klima und der Untergang des Römischen Reiches“ ist eine umfassende und tiefschürfende Analyse der Zeit des Niedergangs vom 2. zum 7. Jahrhundert. Und zwar mit einem bisher fehlenden Blickwinkel: Klimawandel und seine Folgen schon seinerzeit, siehe Pandemien mit deren Folgen.

Klimawandel zur Römerzeit
…hat mehrfach gewirkt, wie der Autor mit exzellenter Expertise auf mehr als 400 Seiten betont: Zunächst (und auch zwischendurch bei „Durchhängern“) unterstützend, durch reiche Ernten in den jeweils zum Reich gehörenden Gebieten. Doch schließlich: „FATUM ist das erste Buch, in dem konsequent die katastrophale Rolle untersucht und beschrieben wird, die Klimawandel und Seuchen beim Zusammenbruch des römischen Weltreichs spielten. Gestützt auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Bereich der Klimawissenschaft und der Genetik erzählt Kyle Harper die Geschichte eines Infernos, in dem wir wie in einem fernen Spiegel beängstigend vertraute Züge unserer eigenen Welt wiedererkennen.“ Also sehr zeitgemäß die Bezüge! Denn anders als bisher ausschließlich argumentiert, gilt dies: „Das Schicksal des Imperium Romanum wurde nicht [nur] von Kaisern, Legionären und Barbaren entschieden. Mindestens ebenso bedeutend waren Vulkanausbrüche, Sonnenzyklen, die Instabilität des Klimas und menschenmordende Viren und Bakterien.“ So erleben Leserinnen und Leser nach, wie vom Höhepunkt des 2. Jahrhunderts n. Chr., als das römische Weltreich eine schier unüberwindliche Macht zu sein schien, der Weg abwärts ging: In die Niederungen des 7. Jahrhunderts, als das Imperium ausgemergelt war, politisch fragmentiert und materiell ausgelaugt. Der Autor beschreibt, „wie die Römer lange tapfer standzuhalten suchten, als Umweltveränderungen das ganze Reich niederdrückten – bis schließlich die Folgen der «kleinen Eiszeit» und das wiederholte Auftreten der Pest die Widerstandskraft der einstigen Weltmacht aufgezehrt hatten.“ Resilienz einer Gesellschaft, die Rolle der jeweils staatstragenden Religion(en), das Wirken einzelner Personen beleuchtet Kyle Harper nachvollziehbar und offenbar exzellent recherchiert – auch in den Texten durch Tabellen und Grafiken visualisiert.

Inhalt kurz & knapp
Sieben Kapitel umfasst die Analyse, eingefasst in eine Zeittafel zur Übersicht – und einen Anhang mit Grafiken: Nach dem Prolog Triumph der Natur dann 1 Umwelt und Imperium 2 Das glücklichste Zeitalter 3 Apollos Rache 4 Das Greisenalter der Welt 5 Fortunas schnelles Rad 6 Die Weinpresse des Zorns 7 Das Jüngste Gericht (teils durchaus metaphorisch  …), schließend mit dem Epilog Triumph der Menschheit? – mit einem offenbar sehr bewusst gesetzten Fragezeichen. „FATUM bietet eine intellektuell ebenso scharfe Analyse wie menschlich anrührende Darstellung der Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt. Es ist die Geschichte einer der größten Zivilisationen, die unsere Welt je gesehen hat, in der Zeit ihrer schwersten Herausforderung. Sie muss schließlich vor der zermalmenden Kraft der Naturgewalten in Gestalt von Klimawandel und Seuchen kapitulieren. Das Beispiel Roms erscheint wie eine Mahnung aus großer zeitlicher Distanz, dass Klimawandel und die Evolution von Krankheitserregern die Welt geformt haben, in der wir leben. Wer die Schrift an der Wand zu lesen versteht, weiß, dass das, was hier profund und überraschend beschrieben wird, sich wiederholen kann.“ Auch wenn es leider noch gar zu viele handelnde Personen mit entsetzlich viel Einfluss gibt, die das bezweifeln wollen – aus durchaus bekannten Gründen … Fein wäre also, wenn Mensch tatsächlich mal aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen im Stande wäre! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter