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Der Fisch in uns

Autor Neil Shubin
Verlag sonstige
Seiten 281 Seiten
ISBN 978-3-10-072004-7
Preis 15,97

Dass der menschliche Embryo ab der Zeugung im Laufe von neun Monaten einen Gutteil der Evolution nachbildet, bis schließlich der heutige Mensch entsteht, ist seit Langem bekannt – siehe den Amphibien-Schwanz, der sich wieder zurück bildet. Die starke Nähe menschlicher Gene zu auf den ersten Blick weniger nah verwandten Säugetieren (wie dem Schwein) kennen wir etwa über die Verträglichkeit von Organen in Transplantationen. Wie wenig sich der grundsätzliche Aufbau der Basis-Bausteine unseres Organismus (bis hin zum Gehirn!) in 3,5 Milliarden Jahren und letztlich auch in ? 1,7 Millionen Jahren (vor-)menschlicher Geschichte verändert hat, das war für mich denn doch verblüffend: Unsere Zähne haben sich aus dem Panzer von haiähnlichen Fischen entwickelt, Hände und Füße stammen von der Fischflosse ab – daher der Titel dieses Buches. Als Trainer (und Berater) hat unsereins eine Menge mit menschlichen Sinnen zu tun: Da sind Riechen, Hören und Sehen (S. 171 ff.) besonders interessant. Allgemein bekannt ist, dass „der Mensch“ im Verhältnis zu vielen anderen Lebewesen eher schlechter riechen, also weniger Duftstoffe differenzieren kann – dennoch auch bei uns das Riechen einen unmittelbaren Zugang zum Gehirn hat: Auf keine andere Sinnesreizung können wir entsprechend so schnell reagieren wie auf einen Geruch. Wofür u.a. immerhin volle drei Prozent unserer Gene zuständig sind – jedes 33. also!

Augen gibt es in unterschiedlichsten Lösungen im Reich der Lebewesen; das menschliche zählt zu den komplizierten, das entsprechend reiches Sehen ermöglicht. Angestoßen wird diese Entwicklung offenbar auf höchst einfache Weise: Durch Duplizieren vorhandener Genstrukturen und Spezialisierung auf unterschiedliche Felder – dadurch entstand wohl das Farbsehen. Zudem ist ein Gen vorhanden, das die Entwicklung des Sehsinns als solchem anstößt, je nach dem, ob aktiv oder inaktiv. Nachgewiesen wurde das bei Fliegen-Mutanten. Solche Steuerungs-Gene gibt es offensichtlich häufig, die dann für Weiterentwicklung sorgen: Was sich einmal entwickelt hat, bleibt immer genetisch gespeichert und wird ggf. Schritt für Schritt in Zeitraffer wiederholt, bis hin zur (bis dato) letzten Entwicklungsstufe (siehe die embryonale Entwicklung beim Menschen!)…

Das Ohr beim Menschen (und nicht nur dort) ist eine besonders komplizierte Konstruktion – und belegt ebenfalls die enge Verbindung zu den Fischen, zu Haien und Knochenfischen nämlich: Der Steigbügel genannte dritte Mittelohrknochen (neben Hammer und Amboss) ist eine recht späte Entwicklung, aus einem Kieferknochen bei jenen Fischen. Und so landen wir bei der Person des Autors: Er ist Paläontologe und hat im Rahmen seiner archälogischen Grabungen u.a. den „Tiktaalik“ entdeckt, als Zwischenglied zwischen Wasser- und Landbewohner, der vor etwa 375 Millionen Jahren die Erde bevölkert hat. Shubin lässt den Leser höchst lebendig 3,5 Milliarden Jahre Erd- und Lebensgeschichte miterleben, in einem Zusammenspiel von Paläobiologie und dem heutigen Menschen und seiner embryonalen Entwicklung mit dem Aufbau der Körpersplans aus einem „Rohr im Rohr“ mit drei Keimblättern: Die ist identisch bei allen Wirbeltieren; erst spät entstehen die unterscheidenden Eigenschaften wie „das größere Gehirn beim Menschen, der Panzer der Schildkröten, die Federn der Vögel“ (S. 128).

Unterhaltsam (wie US-amerikanische Sachbücher häufig geschrieben sind) und zugleich höchst weiter bildend – generell und für vertiefendes Verständnis menschlichen Seins und Verhaltens: nämlich durchaus animalisch ? …

HPR reiterbdw@aol.com  www.reiter-medienconsulting.de

Hanspeter Reiter