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Die grünen Kinder

Autor Olga Tokarczuk
Verlag Kampa
ISBN 978-3-311-10029-4

„Geschichten, die unseren Blick auf die Wirklichkeit verändern“ bietet die Literatur-Nobelpreis-Trägerin von 2018 (verliehen 2019 hier ihren Lesern. Apropos, eben das hat mich zum Lesen verführt, der ich sonst eher weniger „Fan“ von Erzählungen bin: Da hatte mich ihre „Jakobsbücher“ mit fast 1.200 Seiten eher angesprochen, von mir hier auch rezensiert. Doch nun zum Gegenteil, den kurzen Geschichten…

Bizarre Ereignisse
… nehmen unterschiedliche Genres in den Blick: SciFi hier und Horror dort – Fantasy schlicht und Psycho ausufernd… Denn „bizarr ist unsere Welt, immer in Bewegung, ständig in Veränderung begriffen. Und das gilt auch für die faszinierenden neuen Erzählungen von Olga Tokarczuk, der großen Raumzeitreisenden – ein Buch, das in Erstaunen setzt, alle gängigen Erwartungen unterläuft. Jede der zehn Erzählungen entfaltet sich in einem anderen Raum: Wolhynien zur Zeit der »schwedischen Sintflut«, die heutige Schweiz, das ferne Asien, fiktive Orte der Imagination.“ Ein weites Feld also, eine weite Welt: „Worin besteht das Gefühl, dass etwas »bizarr« sei? Wo hat es seinen Ursprung? Ist das Bizarre eine Eigenschaft der Welt oder liegt es in uns?“ Ein paar Details sind mir aufgefallen, typisch „selektives Wahrnehmen“: Briefmarken sind plötzlich rund statt eckig (S. 59 etc.), ein Persönlichkeits-Test steht im Zentrum eines Geschehens (S. 150f. etc.), Plastik fressende Bakterien haben sich über die Erde ausgebreitet und alle Kunststoffe vernichtet (S. 192f.): feine Ideen, leicht nachvollziehbar – doch verstörend…

Geschichten
Die sind durchaus unterschiedlich, von Inhalte, Atmosphäre – wie auch Länge: „In den unablässigen Rhythmuswechseln der Erzählungen verliert der Leser seine Gewissheiten. Was wird ihn auf der nächsten Seite erwarten? Olga Tokarczuk schubst uns aus der Komfortzone, lässt uns spüren, dass die Welt immer weniger zu fassen ist. Mit den Mitteln der Groteske, des schwarzen Humors, Elementen aus den Genres Fantasy und Horror führt sie uns vor Augen, dass in der Wirklichkeit, wie wir sie zu kennen glauben, nichts ist, was es scheint.“ Konstruktivistisch gar? Durchaus unterhaltsam, vor allem jedoch: Augen zwinkernd nachdenklich machend… HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter