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Licht und Schatten

Autor Victor Klemperer
Verlag aufbau
ISBN 978-3-351-03832-8

„Kinotagebuch 1929–1945“ ist viel mehr als das, berichtet es doch über all das, was Klemperer und Frau erlebt haben und erleiden mussten, 8 Tage Haft wegen eines versehentlich nicht verdunkelten Fensters: Auch da – Licht und Schatten! Bezüge zu seinem literarischen Schaffen (vor allem zu LTI: Lingua Tertii Imperii – Sprache des Dritten Reiches) inklusive – und einem Artikel zu Kino aus dem Jahr 1912. Plus einem ausführlichen Filmregister S. 314 abschließend…

Kino und Film im Dritten Reich
… findet interessierter Leser hier auch jenseits des Kern-Themas, über „eine Zeit, die für den Autor deutlich mehr Schatten als Licht bereit hielt … und nun „eine bemerkenswerte Erstveröffentlichung: der große Chronist über seine Filmleidenschaft…: Victor Klemperers Tagebuchnotizen über seine Kinobesuche zu Beginn der Tonfilm-Ära. Von Anfang an erlebt der Cineast mit, wie die technische Neuerung 1929 in Deutschland Einzug hält. Nicht selten geht er mehrmals pro Woche ins Kino. Zunächst kritisch, lässt er sich schon bald von den neuen Möglichkeiten mitreißen. Von den Nationalsozialisten aber wird das Medium immer weiter vereinnahmt, Klemperer schließlich durch das Kinoverbot für »Nichtarier« 1938 ganz aus den Lichtspielhäusern verbannt. Doch nicht einmal das kann ihn fernhalten. Das leidenschaftliche Bekenntnis eines Kinomanen, der uns den Tonfilm als Spiegel deutscher Geschichte mit allen Licht- und Schattenseiten vorführt.“ Treffend titelt der Vorwort-Beiträger „Klemperer im Kino“ und fasst u.a. zusammen: „Klemperer ist ein Meister der pointierten Kurzkritik, dessen Filmbetrachtungen heute jedes Stadtmagazin zieren könnten.“ Der selbst etwa seine gesammelten Sonderdrucke aus zwei Jahrzehnten aufgeben musste (S. 159ff.), beim Zwangs-Umzug ins Judenhaus – und darüber hinaus viel mehr verloren hat, beim Brand infolge des Bombardements Dresdens.

Tagebuch auch hier
Wer also nach wie vor bekannte oder auch verschollene resp. bewusst vermiedene Filme jener Zeit(en) nacherleben möchte, suche die entsprechende Kritik… Fast manisch, diese … nun: Kino-Manie… „Zu einer Schattenexistenz gezwungen, erlebte Klemperer im Kino Lichtmomente: »So viel Musik, Humor, Schauspielkunst todo. Es war mir eine richtige Erlösung.« Victor Klemperer, 1933.“ Mit deutlichen „Neben-„Bemerkungen zu den wachsenden Auftritten der Nazis – also ein Geschichts-Werk, als Tagebuch ein Spiegel jener Zeit. Erkennbar, zumindest andeutungsweise, als Entwicklung auch durch die Kapitel-Überschriften der Herausgeber Nele Holdack und Christian Löser: Eine gemordete Kunst, der Tonfilm! (1929-1932) – Wir waren von ersten bis zum letzten Bild und Ton entzückt (1933-1938) – Es ist nur mit den Augen wie mit dem Hut: der dazugehörige Kopf muss erhalten bleiben (1939-1945). Und darüber hinaus, siehe seinen Artikel aus dem Jahr 1912 „Das Lichtspiel“ … Medien-Geschichte ist also geboten, darin (S. 298ff.) auch der Widerstreit von klassischem und Film-„Theater“. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter