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Die stachelige Schönheit der Welt

Autor Tomas Gonzalez
Verlag Edition8
ISBN 978-3-85990-412-5

Sechs seiner Romane sind bis dato auch auf Deutsch erschienen – und nun hier gleich ein gutes Dutzend seiner Erzählungen, auf bald 250 Seiten (inkl. Wort-Erklärungen und einer editorischen Notiz). Zum Reinschmecken für Neu-Leser – wie auch zum Abrunden für Fans!

Viel Autobiografisches
…scheint hier vertreten, jedenfalls selbst Erlebtes, so mein Eindruck. Wechselnd zwischen fast „noir“ auftretender Tragödie und eher als Komödie daher kommende Kurz-Prosa, begleitet Leser den Autor durch tatsächlich zwei Jahrzehnte Leben und Wirken: Bei jeder Erzählung ist das Erscheinungs-Datum des Originals genannt (erschienen allerdings 1993-2019), sodass ein Einordnen möglich wird, in dessen zwei Jahrzehnten USA-Aufenthalt: „Kurz vor Erscheinen seines fulminanten Debütromans Am Anfang war das Meer (1983) zog der kolumbianische Schriftsteller Tomás González mit seiner Frau und seinem Sohn aus ökonomischen Gründen von Bogotá in die USA und lebte zunächst drei Jahre in Miami und dann 16 Jahre in New York. 2002 kehrte er nach Kolumbien zurück. In unserer Auswahl von 13 Erzählungen wird dieser Lebensweg in gewissem Sinn literarisch nachgezeichnet. Die ersten sechs Texte spielen in den USA, die letzten sechs in Kolumbien, dazwischen das Bindeglied einer befreienden Rückkehr. Das Spektrum von González’ Themen und literarischen Mitteln ist breit. Eine nebensächliche Zeitungsmeldung in New Orleans verwandelt der Autor in die unsterbliche Story von Carola Dicksons verrückter Ausfahrt zur Rettung der Welt. In der Geschichte des demenzkranken Don Rafael und dessen Frau Jesusita beschert er uns eine spannende Variation – die Umkehrung – des Orpheus-und-Eurydike-Motivs. In anderen Texten gibt es Szenen von Beckettscher und Tschechowscher Qualität. Peter Stamm sagte über ihn: »González schreibt einen sehr trockenen, aber zugleich unglaublich atmosphärischen Stil. Die Geschichten sind dunkel, aber es ist, als leuchteten sie von innen.«“ Manch Kurz-Geschichte ist genau das: Auf wenigen Seiten pointiert, dennoch genauso (oder gar stärker) nachdenklich machend wie die umfangreicheren Stories. Lesen!
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Hanspeter Reiter