Skip to main content

Durch Selbstreflexion zum Erfolg

Autor Kranz, Christine
Verlag sonstige
Seiten 184 Seiten
ISBN 978-3907847213
Preis 37,45

Das Buch von Christine Kranz, Gründerin und Verwaltungsratspräsidentin der Symbolon AG, ansässig im Fürstentum Liechtenstein, ist zunächst einmal ästhetisch und haptisch ansprechend, ein schönes Buch. Bei einem Buch, dessen Methode sich auf (bildnerische) Kunstwerke stützt, sind Papierqualität, Farbwahl und –verteilung, Darstellung und Struktur von Abbildungen und Text, durchaus nicht trivial. Und auch die Wahl des Bildes auf dem Cover (Prometheus bringt den Menschen das Feuer von Heinrich von Füger) scheint sorgfältig gewählt. Jedenfalls war meine Assoziation: Synthese von Nachdenklichkeit (Reflexion) und Tat.

„Sie halten ein Buch in den Händen, das Ihnen durch Bilder und Kunstwerke einen erweiterten Zugang zu sich selbst und zu Ihrer Arbeitswelt wird.“ – so die Autorin im Vorwort. Bilder werden eingesetzt, um durch emotionale Regungen und Assoziationen Selbstreflexion in Gang zu setzen und Selbsterkenntnis zu ermöglichen. Dies wirke sich positiv auf Interaktionen in Arbeitskontexten aus. Diesen Zusammenhang wird die Autorin nicht müde, zu wiederholen. Wer rein praktisch interessiert ist, überliest die Wiederholungen und konzentriert sich auf die instruktiven Beispiele. Sie verleihen Eindrücke davon, wie die Betrachtung eines Bildes selbstreflexive Prozesse auslöst, sei es anhand von erzählten Beispielen, sei es durch die Erfahrung des Leser, der einer Übungsanweisung folgt. Die Übungsaufforderungen an den Leser mögen zunächst noch anregen, bergen jedoch das Risiko der Ermüdung, weil die Art der Fragen und ihre Formulierung sich wiederholen. Die Übungen beziehen sich auf Bilder oder ein Bild und fragen mehrheitlich nach Gefühlen und Assoziationen und danach, was sich aus ihnen für den Arbeitskontext und das „Entwicklungspotenzial“ ergeben könnte. Die Frequenz dieser Fragen mag sogar dem glühendsten Fan von Selbsterkenntnis zu viel sein.

Die streckenweise werbliche Sprache (nicht nur im Abschusskapitel) in Bezug auf das Modell („weltweit einzigartig und innovativ“, „ideal“, „einzigartiger Zugang geschaffen, um die Stärkung der individuellen Persönlichkeit zu bewirken….“ etc.) irritiert etwas. Auch bei nüchterner Betrachtung und der Verortung des Modells in seinem unmittelbaren Wettbewerbsumfeld behält Symbolon seine Attraktivität. Es gibt zahlreiche Modelle, die das Hauptprogramm (Erkenntnisgewinn, Aktionsinitiierung) mindestens ebenso gut absolvieren. Symbolon ist ein weiterer Zugang zu dem Bemühen, selbstreflexive Prozesse auszulösen, einer unter anderen. Er ist insofern ein besonderer, als er mit bildnerischer Kunst (Hinweise auf die Arbeit mit Skulpturen und haptischen Symbolen habe ich nicht gefunden) arbeitet und dem Klienten nicht abfordert, selbst Bilder zu generieren (wie es in der Arbeit mit Metaphern, hypno-systemischen, Körper- und imaginativen Verfahren stärker der Fall ist). Der USP von Symbolon liegt in dem Material, nicht im Fokus des in Aussicht gestellten Erkenntnisgewinns und auch nicht in dem von der Autorin herausgestellten Verzicht auf Typologie(n), die den „Profilen“ von Symbolon implizit ist (sind). Das führt uns zu theoretisch-konzeptionellen Komponenten.

Neben Fall- und Übungsbeispielen, so die Autorin, enthalte das Buch „theoretische Grundlagen über Reflexionsarbeit mit Bildern“ (S. 11). Kronzeuge und Kernlieferant ist Carl Gustav Jung, vorzugsweise sein Konzept der Archetypen. Das liegt nahe, weil Archetypen ja „Ur-Bilder“ sind. Jungs Entwurf wird nun als Schablone über sämtliche weiteren Überlegungen gelegt und mit apodiktischer Rhetorik des „so ist es“ präsentiert. Das stört zumindest jene, die entweder erkenntniskritisch sind und denen Inkonsistenzen auffallen, oder jene, die anderen Glaubens sind. Und obwohl die Autorin ihre Klienten auffordert, ihre „Glaubenssätze“ zu extrahieren, tut sie das mit den eigenen nicht, weder bezüglich ihrer ideologischen und ethischen Ausrichtung (etwa Individualismus, Psychologismus, z.B.: Schwächen sind „auszugleichen“, „Work-Life-Balance“ ist quantitativer Ausgleich, Ausgleich zwischen Denken und Fühlen ist herzustellen, Selbstreflexion und „Authentizität“ sind erstrebenswert in jedem Augenblick; es gibt keinen Zufall) noch bezüglich apriorischer Setzungen im Rahmen des gedanklichen Fundaments. Symbolon beruht offenbar auf einem eklektischen Ansatz, dessen Elemente konzeptionell konsistent(er) verwoben werden müssten. Es finden sich – unexplizit und konzeptionell unverbunden – beispielsweise Anklänge an Sigmund Freud (Freie Assoziation), Skriptanalyse und Antreiber aus der Transaktionsanalyse und dem NLP. Erkenntnistheoretisch scheint Realismus zu überwiegen.

Diese Vielfalt an Bezügen und die (erkenntnistheoretische) Auffassung, Menschen könnten Wirklichkeit direkt wahrnehmen (direkter Realismus), schlägt sich unter anderem in dem Symbolon-Reflexionsmodell nieder. Es differenziert „äußere und innere Ebenen“ der Persönlichkeit, deren Herleitung der Spekulation überlassen bleibt. Hier ist nicht der Ort für eine ausführliche Auseinandersetzung. Theoretisch-konzeptionell (mit Auswirkungen auf die praktische Umsetzung) stellen die Ausführungen nicht zufrieden.

Nach Auskunft der Autorin bewährt sich das Modell in praxi. Das ist nachvollziehbar; denn zum einen ist das Arbeiten mit Kunstwerken wenig verbreitet, und zum anderen geben vorgelegte Bilder Impulse, Fragen an sich selbst zu stellen. Sie erleichtern es, innere oder interpersonale Spannungen und Konflikte zu handhaben (einen Zugang zu finden, sie zu erkennen, zu handeln). Bilder berühren emotional. Sie eröffnen auf zunächst nonverbalem, non-kognitivem Weg Zugangs- und Erkenntnismöglichkeiten und dadurch Handlungsoptionen. Theoretisch belegen das ästhetische Theorien, Theorien der Wahrnehmung und Metapherforschung.

Was die Interaktion oder den Dialog zwischen Kunstwerk und Betrachter an selbstreflexiven Prozessen auslösen, wie die freudvolle Bildarbeit aussehen kann, zeigt Christine Kranz mit viel Engagement und Begeisterung in diesem Buch. Auch wenn wichtige Fragen an Theorie und Praxis offen bleiben: Überzeugen Sie sich selbst.

Dr. Regina Mahlmann, www.dr-mahlmann.de

Dr. Regina Mahlmann