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Coaching Wahn

Autor Erik Lindner
Verlag sonstige
Seiten 240 Seiten
ISBN 978 3 430 20101 8
Preis 18,00

Nach der Weiterbildungslüge, den vielen entlarvten Mythen nun der Wahn. Nun ja. Die Dramatik und Provokation, die der Titel verspricht, hält der Autor nicht ein. Es ist ein harmloses Buch im Sinn von:

Das „Wahn“hafte – immerhin eine psychopathologische Kategorie – bleibt blass. Bestenfalls wird die zunehmende Nachfrage, ein Suchtpotenzial – ähnlich der Therapiesucht in den 1970er Jahren – behandelt in dem Kapitel „Die Coachees“. Dort geht der Autor, genährt von Beispielen und Zitaten aus Presse und Gesprächen, auf Motive von Nachfragern und zunehmender Nachfrage ein. Das Wahnhafte zu beschreiben, geschweige denn, gesellschaftskritisch zu wenden und damit einen vorzüglich soziologischen Blick auf das Untersuchungsfeld zu werfen, erforderte zudem einen Perspektivwechsel vom Autor: weg von der – streckenweise nachvollziehbaren, weil empirisch begründbaren – Polemik gegen Coaches und Coaching hin zu Bedarfs- und Bedürftigkeitskategorien auf der Seite der Nachfrager.

Die Polemik erzielt einige Treffer. Etwa darin, dass es – wie in anderen Sparten auch – Scharlatane, Inkompetente, Marktschreier gibt; die Rangeleien, Eifersüchtelein, Imponiergehabe und Zertifizierungsmanie unter Coachingverbänden; die Wucherungen am Rand des Coachings in Form der Bindestrich-Coaches im Life-Style-Bereich, wo sich beispielsweise Life-Coaches bis hin zu (die kannte der Autor vermutlich noch nicht) Angel-Life-Coaches anbieten, einem Klienten das Leben zu erklären und zu gestalten. Treffer auch in Bezug auf die Inflation der Coachingangebote – nur ist das kein spezifischen Kritik-Kriterium.

Die Lektüre insbesondere der Einleitung, dem zweiten und streckenweise letzten Kapitel lässt den die Branche einigermaßen übersehenden Leser einige Fragen stellen. Beispielsweise richten sie sich an die Branchen- oder Szene-Kenntnis des Autors; an die Auffälligkeit, vor allem jene Coaches und Verbände zu nennen, die selbst jenen Beratern und Trainern schon untergekommen sind, die sich jenseits der Coachingszene bewegen. (Beides spiegelt auch das Literaturverzeichnis, das zumindest für Kenner bestenfalls dem Zusammentragen von Daten dienen mag, keinesfalls als Quelle für Ausführungen zum Titel des Buches überzeugt.)
 
Bedauerlich. Eine fundierte provokative Schrift zum Titel des Buches hätte vielleicht einige Wellen konstruktiver Auseinandersetzung geschlagen. Vor liegt ein Buch, das als Einblick in den Mainstream der Szene von Anbietern und Nachfragern fungieren mag, dekoriert mit einigen kritischen Anmerkungen. Die genannten und ungenannten „Treffer“ zu identifizieren und „in den Ring zu werfen“ – das passiert vielleicht in einem Folgebuch? Ich wäre dabei!

Dr. Regina Mahlmann, www.dr-mahlmann.de

Dr. Regina Mahlmann