Thronfall

„Ein historischer Krimi aus der Kaiserzeit (Gabriel Landow, Band 3)“ an die 300 Seiten stark, wieder sehr zu empfehlen!

Kaiserzeit
… ist schwierige Zeit! Nun, das zeigt auch „der neue Fall der Krimiserie um den eigenwilligen Ermittler Gabriel Landow: So unterhaltsam und spannend schreibt niemand über das Kaiserreich. Berlin, 1889. Jetzt rollen Köpfe. Sprengstoffanschläge auf Herrscher-Standbilder kündigen terroristische Umtriebe an. Privatermittler Gabriel Landow glaubt sogar an ein Attentat auf den Kaiser! Nur eine fixe Idee? Das wäre immerhin nicht das einzige Hirngespinst, das er mit sich herumschleppt. Denn Landow verdächtigt seine Herzdame, die resolute Polizeischreibkraft Elba Runge, mit dem Sozialisten Bebel nicht nur die Leidenschaft für eine gerechtere Gesellschaft zu teilen, sondern auch das Bett. Zudem rückt ein Notizbuch voller Zahlencodes den eigenwilligen Ermittler und seinen Kompagnon Orsini jäh ins Visier von Killern. Und der junge Kaiser? Während die Hauptstadt unter einem Glutofensommer ächzt, unternimmt Seine Majestät im Kreise einer handverlesenen Elite eine vierwöchige Kreuzfahrt in die Heimat der nordischen Helden. Aber genau dort, zwischen Morgengymnastik und Mythennebel, hat längst ein anderer ein Auge auf ihn geworfen. Und das birgt noch mehr Sprengstoff als das Dynamit der Terroristen.“ Lässt tief blicken, was die Politik der Kaiserzeit angeht – in der Noch-Bismarck-Ära. Und in die Rolle des jungen Kaisers, wie er sie gerne hätte (S. 132f.) und wie sie von ihm erwartet wird…

Gesellschaftliches Leben Ende des 19. Jahrhunderts
Kunterbuntes Treiben, spielt doch eine doppelte Spielzeug-Fabrikation eine Rolle, neue Entwicklungen inklusive, so etwa ein besonderer Kreisel (S. 64f. etc.). Mit dabei ein Heiratsschwindler, der zu seiner Überraschung feststellt: ausnahmsweise liebt er tatsächlich mal. Was ihn schließlich in Orsinis Blickfeld bringt und zu einigen Verwicklungen führt… Antisemitismus scheint damals (schon) gang & gäbe, siehe Ratespiele (S. 146f. etc. – oder auch, oha, Zitat aus der Frommen Helene von Wilhelm Busch S. 292!), Homosexualität ist strikt verboten – was ein entscheidendes Momentum fürs Geschehen bringt (S. 268f. etc.). Und die Fotografie macht erheblich Fortschritte, schon Ende der 1980er Jahre: Oha, Sofortbild-Kamera ist bereits erfunden und spielt hier eine starke Rolle (S. 212f. etc.), im doppelten Sinne  … Das mit Elba und Bebel verläuft sich schließlich (S. 340f.), soviel sei verraten, ein zumindest teilweises Happy-ending darf Leser erwarten – obwohl, zwischendurch steht´s auf der Kippe: Das muss Leser selbst heraus finden … Fein der abschließende (eine Art) Ausblick S. 375ff., wie es danach weiter geht, in Deutschland – und mit Personen, die historisch belegt sind. Interessant, da relevant, zudem die Zitatnachweise S. 379ff. Also unterhaltsam wie informativ! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter