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Die Krise des Absoluten

Autor Daniel-Pascal Zorn
Verlag Klett-Cotta
ISBN 978-3-608-98349-4

„Was die Postmoderne hätte sein können“ und doch letztlich verfehlt hat zu werden: Der Autor nimmt seine Leserschaft mit auf einen Parforce-Ritt durch die Geschichte der Philosophie des 20. Jahrhunderts, präsentiert und höchst lebendig erzählt auf vollen 580 Seiten. Ein ständiger Dialog zwischen zwei oder auch mehreren Philosophen führt über Schlüsselbegriffe (keywords!) schlüssig und leicht nachvollziehbar auch in die jeweilige Gedankenwelt der handelnden Personen, zugleich umrahmt vom Zeitgeist und gesellschaftlichen Geschehen…

Postmoderne oder was?
Lange zieht sie sich (schon) hin – und ist wahrlich schwer zu fassen, denn „die Postmoderne gehört zu den umstrittensten Epochen der jüngeren Philosophie. Sie wird für Misstände der Gegenwart verantwortlich gemacht. Aber kennen wir die Postmoderne wirklich? Daniel-Pascal Zorn führt den Leser durch die deutsche, französische und amerikanische Postmoderne. Er entfaltet das Panorama eines verlorenen Denkens, das wir gerade jetzt am nötigsten hätten. Wer heute etwas als fragwürdig auszeichnen will, verweist gerne auf die »Postmoderne». Ihre Vertreter gelten als Feinde der Wahrheit und als Fürsprecher einer zügellosen Beliebigkeit. Doch dieses Bild ist ein Trugbild. Daniel-Pascal Zorns Epos zur Postmoderne nimmt den Leser mit auf eine Höhenwanderung rund um die Gipfel des modernen Denkens. In Frankreich entwerfen Michel Foucault, Jacques Derrida, Gilles Deleuze und Jean-François Lyotard eine Kritik der Moderne als Abwehr des Absoluten. Doch sie sind nicht allein: In Deutschland ringen Theodor W. Adorno und Joachim Ritter mit der bürgerlichen Gesellschaft und in den USA entdecken Richard Rorty und Heinz von Foerster die Vielfalt des Menschen. Ein Panorama der umstrittenen Postmoderne – und zugleich ein kritischer Rückblick auf die Entstehung unserer Gegenwart.“ Ein Rundumschlag, der auch in die Tiefe geht, diverser philosophischer Richtungen, durchaus locker und unterhaltsam dargelegt …

Ein weiter Bogen
…wird geschlagen, zeitlich, thematisch, räumlich. Und manch Verbindung hergestellt, etwa mit dem Kapitel „Cyberspace“ (S. 217ff.), in dem auf Konferenzen ab 1944 geblickt ist, mit Wiener, von Neumann & Co. – interdisziplinär wirkend zu Fragen wie Wirklichkeit und Wille etc. pp. Damit das erste Großkapitel abschließend: „Die Wissenschaft des Absoluten“. Es folgt der zweite Teil mit „Die Krise des Absoluten“ als Kern des ja ebenso betitelten Buches – und der abrundende dritte Teil „Die Rückkehr des Absoluten“. Dabei nimmt der Autor wechselweise chronologisch und Thematisch Perspektiven von Autoren und deren Rezipienten ein, schlägt Bögen und verbindet gesellschaftliches, politisches und „allgemein“ wissenschaftliches Leben und Wirken mit den je philosophischen Gedanken und Werken, wow! Welch gewaltiger Recherche-Apparat dahinter steckt, zeigt die Fülle von Anmerkungen S. 585-646.

Sprache und Denken
…stehen wieder kehrend im Zentrum philosophischer Überlegungen, viele Namen aus meinem Studium sind mir wieder begegnet (Quine, Rorty, Wittgenstein… – und Ritter, evt. der Vater eines Wiener Finnougristen, der damals eine Rolle spielte): Bis hin zum „linguistic turn“ schließlich, den Rorty ins Visier genommen hat(S. 410ff. und später). Nun, Sprache drückt Denken aus – und beeinflusst dieses wiederum. Was war zuerst, Denken oder Sprache, wie wir sie heute kennen? Eines der kaum lösbaren Henne-Ei-Probleme – auch der Philosophie… Doch Sprache ist nur einer der vielen relevanten Aspekte:

Die Inhalte zu Philosophie und mehr…
…sind in 15 Kapitel gegossen, deren Überschrift die weite Reise durch Raum und Zeit andeuten, in den drei genannten Teilen, wenn sie meist auch eher metaphorisch daher kommen: Auf der Suche nach dem verlorenen Geist * Traumzeit * Moderne Kriegsführung * Philosophische Lehrjahre * Der Herr der Gegensätze * Fatale Freiheit * Cyberspace * Alles auf Anfang * Gegenrevolution * Kataklysmus * Dichte Beschreibung * Kambrische Explosion * Wechselfieber der Geschichte * Eine List der instrumentellen Vernunft * Die Wiederholung. Eingerahmt vom Prolog „Moment mal …“ und Epilog „Eine seltsame Vielheit“. Exzellentes Werk, umfassender Inhalt, auch für „Laien“ gut verständliche Präsentation! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter