Das Kind der Lügen
Autor | Helga Glaesener |
Verlag | rororo |
ISBN | 978-3-499-00489-6 |
„Historischer Kriminalroman (Hamburgs erste Kommissarinnen, Band 2)“ – und damit zugleich ein first class Lokalkrimi von 350 Seiten, der ersten Band „Die stumme Tänzerin“ gelungen fortsetzend, von mir hier rezensiert: https://www.gabal.de/medien/rezensionen/die-stumme-tanzerin/
Hamburg 1929
…bietet Kolorit und Atmosphäre für diesen Thriller mit vielerlei Winkelzügen – in diesem Sinne auch ein klassischer „Who dunnit?“: Wer hat´s nun getant? Und wie hängen die mehreren Geschehnisse evt. zusammen? Denn parallel müssen die Ermittler das Ausführen einer Todesstrafe bezeugen (nachdenklich stimmend dargestellt und gedanklich wie verbal von den beiden diskutiert), in einem völlig anderen Fall… Und dann geht´s „rund“: „Ein vermisstes Kind, eine blutige Rache und ein Labyrinth aus Lügen – ein neuer Fall für Paula Haydorn und Hamburgs erste Weibliche Kriminalpolizei. Hamburg 1929: Ein Kind ist verschwunden. Verzweifelt bittet die wohlhabende Signe von Arnsberg die Polizei um Hilfe bei der Suche nach ihrer Tochter, die nach einem Spaziergang mit ihrer Kinderfrau nicht ins Hotel Atlantic zurückgekehrt ist. Doch die Männer der Kripo nehmen sie nicht für voll – denn es ist nicht das erste Mal, dass Signe hysterisch bei der Hamburger Kriminalpolizei auftaucht. Nur Paula Haydorn glaubt der Frau. Seit einem Jahr ist sie als eine der ersten weiblichen Beamtinnen im Polizeidienst. Und sie hat sich dort mit ihrem klaren Blick und klugen Gespür einen Namen gemacht, entgegen aller Vorurteile. Auch diesmal beweist sie Spürsinn. Denn als von dem verschwundenen Mädchen blutige Spuren gefunden werden, nimmt der Fall eine dramatische Wendung. Und noch ahnt niemand, welche Abgründe sich an der Alster auftun werden …“. Auch ein fein ausgeführtes Gesellschafts-Bild der damaligen Zwischenkriegs-Zeit, mit dunklen Wolken am Horizont – und dem Dilemma mancher Person bezüglich Oberen Zehntausend vs. ärmlichem Umfeld – und selbst evt. in Sandwich-Position dazwischen. Apropos: Beziehungen spielen in diesem Roman eine gewichtige Rolle … Und das mit dem Kind-Thema spielt die Autorin geschickt auf mehreren Ebenen…
Alles lokal?
Nun, jedenfalls lernt Leser das weite Umfeld Hamburgs kennen, etwa: Cuxhaven (u.a. S. 84ff.), seinerzeit eben zu Hamburg gehörig (wie heutzutage noch Insel Neuwerk & Co.). Und wer dort zuhause ist, wird interessiert die damalige Zeitgeschichte von Kugelbake oder Otterndorf nachvollziehen. Wie auch den Stand der Dinge kriminalistischer Ermittlung mit Bezügen etwa zum Berliner Modernisierer Gennat (S. 112) in Sachen Fotografie oder „Mordauto“ mit allen notwendigen Utensilien. Interessant etwa Schriftproben, in denen alle Buchstaben des Alfabets vorkommen (S. 150, durchaus auch lokal…) – oder auch das Einnehmen der Kunden-Perspektive durch einen Immobilien-Makler (S. 174). Paulas besondere Gabe als quasi Polizei-Zeichnerin kommt auch ins Spiel – und führt letztlich zur Lösung des verzwickten Falls. Leser gönne sich diese spannende wie informative Lektüre!
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