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Zu zweit

Autor Simon Strauss
Verlag Tropen
ISBN 978-3-608-50190-2

Eine Novelle auf gut 150 Seiten – also Erzählung kürzeren oder mittleren Umfangs, die von einem einzelnen Ereignis handelt und deren geradliniger Handlungsablauf auf ein Ziel hinführt. Tatsächlich geht´s um einen Tag, entwickelt in fünf Kapiteln, im Zentrum: zwei Personen…

Alleinsein
…ist das Kern-Thema, im Jetzt wie im Erinnern erzählt: Familie, Schule & mehr. Ein- und hingeleitet durch eine Art Prolog: „Jede Begegnung – ein kleines Wunder“. Umso mehr, wenn es zur ersehnten Wieder-Begegnung kommt, so wenig wahrscheinlich diese auch sein mag. Entwickelt hin zu einer Art Zweisamkeit, ausgehend von „Das Zimmer“ über „Die Stadt“ und „Der Fluss“ schließlich hin zu „Das Land“ und final „Das Haus“. Der Text immer stärker sich verdichtend, an Tempo also zunehmend, diese Story ausbreitend: „Ein stiller Teppichhändler, der sich ganz den Häusern und Dingen verschrieben hat. Eine junge Frau, die sich auf ihr Talent zur Improvisation und ihr heiteres Wesen verlässt. Eine alte Stadt, die über Nacht von einer alptraumhaften Flut heimgesucht wird. Zwei Fremde, die das Schicksal in einer Nacht zusammenführt und die herausfinden müssen, was es heißt, zu zweit zu sein.“ Vereint im Schicksal…

Sich allein fühlen
…gehört dazu – und ist doch etwas anderes. Das erschließt sich der Leserschaft Schritt für Schritt, etwa wenn er sich intensiv mit Dingen beschäftigt und dabei überhört, was ihm erzählt wird (z.B. S. 74f.). Und so sich wert tut, zu antworten (u.a. S.80). Das Umgehen mit Sprache ist wiederkehrendes Motiv, siehe S. 145 mit einer Art Framing: Das Schild eines Bettlers wird aus „blind“ sehr viel emotionaler: „Der Frühling wird kommen, und ich werde ihn nicht sehen“, wow! Zurück zum Introvertierten: „Es ist Nacht und er kann nicht einschlafen. Auf das Dach schlägt der Regen. Irgendwann steht er auf und geht die Treppe hinunter. Kniehoch steht das Wasser im unteren Stock. Schuhe, Kleider, Schüsseln, Kissen schwimmen darin. Ein Hubschrauber ist dann und wann zu hören. Er zieht sich Stiefel an und geht hinaus, um Hilfe zu suchen. Eine Frau hat sich auf ein Floß gerettet. Sie treibt auf dem wilden Fluss, die Ufer gezeichnet von der Zerstörung. Alles, was sie ausgemacht hat, hilft ihr jetzt nicht mehr. Sie ist auf sich allein gestellt. Das Floß lässt sich nicht steuern, genauso wenig wie ihre Angst …“ Ausgangspunkt ist „er“, später kommt die Perspektive von „ihr“ dazu, die eigentlich extravertiert ist: „Diese feine Novelle erzählt von einem Ausnahmezustand, einer Welt ohne festen Boden. Und sie fragt, wie zwei Fremde, die unterschiedlicher nicht sein könnten, doch zusammenfinden. Eine außergewöhnliche Liebesgeschichte mit einem besonderen Blick für all das, was unsere Welt im Verborgenen ausmacht.“ Was sie also im Innersten zusammen hält, um sehr klassisch zu zitieren – nämlich: im Inneren von Menschen. Lesenswert, nachdenklich machend… HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter