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Das Einstein-Mädchen

Autor Philip Sington
Verlag dtv
ISBN 978-3-423-21399-8

Dokufiktion vom Feinsten: Gibt es in der Biografie von Albert Einstein „Ungereimtheiten“, die dem Spruch vom engen bei einander Liegen von Genie und Wahnsinn Nahrung verleihen könnten? Als eine Art Prolog wird der Begleitbrief an eine Elisabeth zitiert, der ein Mauskript erläutert. Was das mit dem vorliegenden Buch zu tun, zeigt sich spät. Doch gleich zu Anfang erfährt Leser, dass zwei Personen verschwunden sind – der Arzt (ursprünglich Chirurg, jetzt: Psychiater) Martin Kirsch (vermisst von seiner Verlobten)  – und eine Person, die in den Medien offenbar nur „das Einstein-Mädchen“ genannt wird. Nach und nach folgt die (Vor-)Geschichte bis dorthin: Der Arzt kennt diese ? Elisabeth oder ? Maria schon von vor jenem Ereignis, das ihr offenbar das Gedächtnis geraubt hat. Berlin 1932 wird sie im Wald bei Caputh bewusstlos gefunden – ganz in der Nähe eines Hauses, das Einstein zugeschrieben wird – in jener Zeit längst berühmt und zudem kurz vor seiner Ausreise nach den USA. Dr. Kirsch trifft zufällig wieder auf dieses Mädchen, als sie als Patientin in die Psychiatrie eingeliefert wird. Seine Sorge um sie, sei Interesse an ihrer Geschichte wächst sich rasch zur Obsession aus, die er nur nähren kann, weil er parallel einen Auftrag bekommt – vonseiten der Nazis, wie sich dem Leser (in Kenntnis der Geschichte) rasch erschließt. Ihm selbst als Zeitgenossen jedoch erst spät(er) – wenn auch nicht zu spät, wie sich zeigt … Und zum Ende wird auch klar, was mit den beiden inoffiziell vermissten Personen geschehen ist. Eng verquickt mit Euthanasie-Programmen und der Verbindung von Wissenschaft und „Politik“ zu jener Zeit. Lohnenswert auch für alle, die schon lange versucht haben, Relativitätstheorie, Quantentheorie [&] Co. besser zu verstehen: Es gibt diverse Passagen, in denen der Autor eben diese von handelnden Personen erklären lässt – und zwar für ebenfalls handelnde Personen, die selbst Laien auf diesen Gebieten sind. Ergo spannend wie auch Gedanken anstoßend. – HPR

Hanspeter Reiter