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Tag der geschlossenen Tür

Autor Rocko Schamoni
Verlag Piper TB
ISBN 978-3-492-27472-2

„Das Wort vom Sonntag“ ist (als Headline des U4-Textes auf dem Umschlag) ein typisches Wortspiel: Michael Sonntag heißt der Protagonist im Mittelpunkt des Geschehens – und erzählt sozusagen seine „Geschichte(n)“. Im Rahmen seines kaum durchschaubaren Daseins (woher kommt nun eigentlich das Geld, das er ausgibt, z.B.?) bietet er u.a. eine „Hauptmann-von-Köpenick“-Show, hier als Museumswärter, zu dem er sich selbst ernennt und ausstattet: „Ich finde eine alte Brille in meinem Grabbelkarton, ein Stahlrahmenmodell meines Patenonkels. Damit sehe ich deutlich verändert aus … Ich lebe das Halstuch um und stecke mir das Schildchen ans Rever. Dann beginne ich mit der Arbeit …“ (S. 73) – nämlich als „Herr Luigi Lottkolder“ … So also darf Sonntag „ins Gruselkabinett des Lebens treten, in dem er nichts verloren hat und schon gar nicht zu finden glaubt … immer auf der Jagd nach der Liebe und der nächsten Kündigung.“ Denn eigentlich ist er ja Kolumnist – doch was er abliefert, ist immer mehr so jenseits von „real“, dass es schließlich vorbei ist, mit seiner Kolumne, die er zudem notorisch verspätet abliefert, quasi fünf nach zwölf. Dazu verhohnepiepelt er regelmäßig auch die Buchverlagswelt mit Pseudo-Angeboten, die sich auf dem Niveau seiner Kolumnen halten – und doch immer eines sind: sorgsam durchdacht und exzellent präsentiert, etwa „Europa mon Amour“ (S. 218ff.). Einfach eine vergnügliche Lektüre, auf der Bühne Hamburg spielend. Amüsanter Nonsense, dennoch zum Nachdenken anregend … Und der Titel? Natürlich auch doppeldeutig … – HPR

Hanspeter Reiter