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Florence Butterfield und die Nachtschwalbe

Autor Susan Fletcher
Verlag Kindler
ISBN 978-3-463-00052-7

„Pleased to meet you, Mrs Butterfield!“ bietet vordergründig einen sanften Thriller auf fast 500 Seiten, der auch als Lokalkrimi daher kommt. Doch nach und nach entwickelt sich eine durchaus andere Geschichte…

Ein erfülltes Leben im Rückblick
Denn Florrie hat eine Menge erlebt, in ihren fast 88 Jahren: Vor allem als (dann schon fast) Erwachsene in den vergangenen sieben Jahrzehnten: Sie hat die Welt gesehen, war mehrfach verliebt – und trägt sein 70 Jahren ein Geheimnis mit sich, das sie nur mit einer Person geteilt hat: ihrer besten Freundin. Nun, die alles kann ich andeuten und zugleich Spoiler-Alert unterlassen  – denn derlei deutet sich schon früh an. Wenn sich all das auch erst nach und nach erschließt, für die Leserschaft (und zugleich für sie selbst) in „flashbacks“ eingeschleust, zwischen das Geschehen, das den Rahmen bildet: „Ein altes Herrenhaus mit einem großen Garten, in dem Lavendel, Mohn und Kornblumen blühen. Morgens singt der Zaunkönig in den Büschen, abends lässt man den Tag bei einem Gin Tonic unter den Apfelbäumen ausklingen. Florence Butterfield, lebenserfahren, weit gereist und ausgestattet mit unerschütterlichem Optimismus, kann sich keinen schöneren Ort für den Lebensabend vorstellen als die Seniorenresidenz Babbington Hall.“ Genau so, wie sie es sich gewünscht hatte, höchst unterschiedliche Charaktere unter der Bewohnerschaft inklusive: Liebevoll und zugleich durchaus kritisch charakterisiert…

Unfall, Selbstmord, Mord?
Nun, das wird die Frage, als dieses einschneidende Ereignis eintritt, vor den Augen der nachdenklichen Seniorin: „Bis Heimleiterin Renata in der Mittsommernacht aus dem Fenster springt. Nur einen Tag nachdem sie Florrie anvertraute, sie sei frisch verliebt und träume von einer Reise nach Paris. Je mehr Florrie über ihr eigenes bewegtes Leben nachdenkt, desto überzeugter ist sie, dass Renata Opfer eines Verbrechens wurde …“. Und wie war das mit Arthur, der kurze Zeit vorher versucht, sich einen offenen Schnürsenkel zu binden – und dabei so unglücklich fällt, dass er an den Folgen stirbt? Darüber hatte Florrie sich schon gewundert… Nun, sie schließt eine neue Freundschaft – und bildet so ein Ermittler-Duo in einer Rolle, die a bissal an Miss Marple erinnert. Allerdings ist hier eben so viel mehr zu erlesen als das clevere Ermitteln: Fast philosophisch Ihre Gedanken über Behinderung und zugleich positiv eingestellt, weil es ihr sonst gut geht (S. 34 und S. 135 z.B.), übers Verliebtsein auch über weite Ferne hinweg (S. 216f. usw.), das Akzeptieren von individuellem Dasein über Macken hinweg (S. 256f.), über Ähnliches in scheinbar konträren Rollen eines Menschen (Türsteher und Pfarrer, S. 295 usw.), gar diplomatische Besonderheiten (siehe S. 321 etc.) plus Kirche als Institution, Lokation und „Plattform“ für religiöse Gedankenwelt (fokussiert S. 409 z.B.): Hier lässt es sich gut sinnieren, Kontemplation und Gedanken-Anstöße beim Lesen findend! Ja, Florrie nimmt „ihre“ Leser mit auf vielerlei Gedanken-Reisen, durch die wahre Welt und durch ihr Sinnieren. Und letztlich klärt sich auch noch das mit der Nachtschwalbe…Schön, wie die Autorin ihre Leser durch diese Wochen führt – und schließlich Florries Geheimnis auch entschlüsselt, das ihr Leben überschattet hat… Jetzt muss ich noch was konkret verraten: Es gibt gleich mehrere Happy-endings, trotz der soft dramatischen Ereignisse! In dieser Persepktive mag die herrliche Story gar zum Genre „Cosy-crime“ zählen  …HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter