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Evas Rache

Autor Thomas Ziebula
Verlag Wunderlich
ISBN 978-3-8052-0092-9

„Historischer Leipzig-Krimi“ als letzter mit Kommissar Stainer in der Ermittler-Rolle, mit an die 400 informativen wie spannenden Seiten…

Die Rolle der Frau
…zieht sich als Thema durch dieser Lokal-Thriller mit dem durchaus mehrdeutigen Titel: Rache „der Frau“ als solche – oder von eben jener Eva, die eine der definiert auftretenden emanzipierten ist, resp. sich emanzipierenden… Doch eins nach dem anderen, leider erstmal Gewalt an Frauen: „Eine grausame Mordreihe und ein groß angelegtes Verbrechen vor der spektakulären Kulisse der Technischen Messe Leipzig – das fulminante Ende der Reihe um Kommissar Paul Stainer… Leipzig, 1922. Es will keine Ruhe einkehren in der Wächterburg: Gleich drei Lustmorde in drei Monaten halten Paul Stainer und seine Kollegen in Atem. Stainer tritt auf der Stelle und fällt zunehmend zurück in seine Depression.“ Will sagen, fängt wieder an zu saufen (sic!), was mit vielerlei (in heutigen Worten) PTBS zu tun hat, aufgrund aktueller Ereignisse wieder hochkommend in Flashbacks – und schafft in einem neuen Anlauf seine „Wasserkur“ auch nur für wenige Tage: Wohin mag das führen? „Dass Junghans und Mona im Liebesglück schwelgen und beschließen, zu heiraten, macht es nicht besser.“ Eine ebenfalls emanzipierte junge Frau nämlich, die als eine der ersten Medizin studiert (S. 226f.). „Erst als auf der Technischen Messe Leipzig Eva-Maria Dorn, die Frau eines erfolgreichen Ingenieurs und Unternehmers, überfallen wird, glaubt er, eine erste Spur zu haben, die ihn zu der «Bestie von Leipzig» führen kann. Stainers Nachforschungen bringen ihn auf die Fährte eines jungen Anarchisten mit dem Tarnnamen «Schlange», der gerade erst aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt ist. Zunächst scheint der Fall eindeutig, doch die möglichen Motive sind vielfältig. Schon bald wird klar: Das Verbrechen geht weit über die Lustmorde hinaus – und auch in Eva-Maria Dorn steckt mehr als das unschuldige Opfer …“. Nämlich der Wunsch, sich „abzunabeln“ vom durchaus übergriffigen und sehr erfindungsreichen wie ehebrechenden Ehemann (S. 115 usw.). Mit einem Plan, der sich als kontraproduktiv erweist…

Nazis vor der Tür
Nun ist das genau die Zeit des sich stark ausweitenden Nationalsozialismus mit diversen Politiker-Morden (bei der Story aktuell Außenminister Rathenau, siehe S. 30ff.), auch Stainers Vater ist dabei. Und führt ihn quasi durch seine Partei-Kontakte ungewollt der Lösung näher… Von seinem Job als Kommissar dagegen entfernt Stainer sich mehr und mehr, wie die Headline des Rückseiten-Textes verdeutlicht: „Inspektor Stainers letzter Fall“. Wobei sich für ihn persönlich durchaus ein Happy-ending andeutet, mithilfe einer anderen Frau, die ihr eigenes Ding macht (Vernissage S. 198ff. usw.), emanzipiert eben! Neben dem intensiven Lokal- und Zeitkolorit bietet der Autor zudem technikhistorische Einblicke, etwa zum seinerzeit erfundenen Tiefkühlen für längere Lebensmittel-Haltbarkeit, das er als deutsches Patent definiert  … HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter