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Die Beschleunigung der Schrift

Autor Wolf-Rüdiger Wagner
Verlag transcript
ISBN 978-3-8376-7155-1

„Geschichte der Stenografie im 19. und frühen 20. Jahrhundert“ schildert das Entstehen und die Entwicklung der Kurzschrift und analysiert ihre Bedeutung auf diversen Gebieten, Kontext inklusive, auf gut 250 Seiten.

Alles Steno – und nur das!
Nun, ich war neugierig – alldieweil ich selbst mal Steno gelernt hatte. Versäumt habe ich dann allerdings, die Eilschrift anzuschließen – und so war´s mir zu wenig: Ich versaute mir auf dem Gymnasium meine Handschrift durch sehr rasches Notieren in Langschrift… Dafür habe ich (im Selbst-Unterricht) Zehnfinger-Maschineschreiben gelernt, was mit auch heute noch stark hilft, als Vielschreiber… Doch zur ausführlichen Geschichte durch gut ein Jahrhundert der Kurzschrift, im Zeichen des „alles schneller“… Was ja auch hier gemeint ist, nämlich letztlich schnelleres Schreiben! Nun, „Eisenbahn und Telegrafie stehen im 19. Jahrhundert für die Beschleunigung und Ausweitung gesellschaftlicher Beziehungen. Wie Wolf-Rüdiger Wagner zeigt, entsprach die im deutschsprachigen Raum übliche Kurrentschrift nicht mehr den Anforderungen an schriftliche Kommunikation. Als »Beschleunigungsmittel des Gedankenverkehrs« bot sich die Stenografie an. Ihre Nutzung als Verkehrsschrift setzte jedoch eine Einheitskurzschrift voraus. Zu deren Einführung kam es aber erst 1924 nach langwierigen Verhandlungen auf Druck der Reichsregierung. Anhand von Presseberichten und Archivtexten bietet der Band einen Einblick in die vielschichtigen Beziehungen zwischen gesellschaftlichen, technischen und kulturellen Entwicklungen sowie den Veränderungen im Bereich der Kommunikation.“ Der Autor definiert Steno als Brücken-Technologie (u.a. abschließend zusammen fassend S. 231ff.), gestützt auch durch vielerlei Seitenblicke, etwa auf Telegrafie und Telex: Noch so ein Schreibgerät, das ich über lange Jahre geschätzt habe, in der Kommunikation mit Lieferanten und Kunden unserer seinerzeitigen Werbe-Agentur (als solche aktiv von 1983 bis weit in die 1990er Jahre, vor dem Switch auf Versandbuchhandel…). Voila, hier sind…

Stichworte rund um die Entwicklung der Stenografie
…sind schon mal aus dem ausführlichen Inhalts-Verzeichnis abzuleiten, mit folgenden Überschriften zu zwölf Kapiteln: Die Stenografie als „Bundesgenossin von Dampf und Elektrizität“ (siehe „Zeit ist Geld“!) * Die Erfindung der St. Und die Rolle der Schreimaterialien (höchst interessant – bis hin zum Diktaphon als Konkurrenz) * St. als Kind der Politik * …und die Öffentlichkeit in Gerichtsverfahren * Öff. Ger. Und die Presse * … als Bundesgenossin der Kriegskunst (voila… wieder mal militärisch forciert also!) * … schafft Öff. Und erleichtert ihre Kontrolle * … und der „Einmarsch der Frau ins Berufsleben“ (interessante Perspektive) * Die Schnellschreibkunst als „Cultur-Errungenschaft“ (Entwicklungs-Schub auch durch Konkurrenz) * Vom Kampf der Systeme zur Einheitskurzschrift * „Friedensschluß im Stenographenkrieg?“ * St. Als Brücken-Technologie. Eselsohren finden sich in meinem Exemplar auch hier: Buchdruck-Schnellpresse als Voraussetzung (S. 32f.) für ihre Verbreitung * Ersetzen der Stenographen durch Maschinen (S. 48f.) * Diktiermaschine (S. 66ff.) * Berichterstattung über Revision gegen Dreyfus (politisch, antisemitisch!) * „St. Ermöglicht die Teilung der Arbeit zwischen dem, der denkt, und dem, der schreibt“ (S. 157ff.) * Häufigkeits-Analysen (Vorsilben S. 202ff.)… PS: Im Grunde ein zur gesellschaftlichen Entwicklung konträres Thema, ist doch „Entschleunigung“ und „Achtsamkeit“ in vieler Munde. Doch quasi im Einklang mit dem wissenschaftlich-wirtschaftlich-politischen Status Quo, siehe Online-Medien diverser Kultur: Eben Brücken-Technologie Stenografie  … HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter