Über den Kopf hinaus

Titel und Untertitel sind insofern Programm, als der Grazer Journalist und Autor neben den biologischen, chemischen, physikalischen, kurz: materiellen Bedingungen der Möglichkeit für Geist und Gedanken ausgiebig bei Autoren nach Antworten sucht, die eher dem esoterischen Bereich zuzuordnen sind, etwa Sheldrake. Das Literaturverzeichnis zeigt diese Dominanz.

Im Wechsel von Prosa, dem Referieren und Befragen einiger wissenschaftlicher Befunde, insbesondere aus der Hirnforschung, lädt der Autor die Leser ein, Interviews (bereits andernorts publiziert) zu der jeweiligen Fragestellung zu lesen. Die Interviewpartner wechseln; unter ihnen Persönlichkeiten der Forschung (etwa Biologie, Physik, Neurowissenschaften), die gleichzeitig in nicht-wissenschaftlich einkreisbare metaphysische Felder gedanklich vordringen, sowie Personen, die mehr oder weniger bekanntermaßen in der Esoterik zu Hause sind.

Jedes der sieben Kapitel schließt mit einem Resümee, das vorgängige Ausflüge in die Frage nach Materialität und Immaterialität von Denken/ Gedanken, Geist zusammenfasst. Der Bogen umspannt nicht erst seit Manifest von Neurowissenschaftlern brisante Aspekte wie das Verhältnis von Gehirnströmen, Neuronenfeuern etc. und den qualitativen Sprung in immaterielle Gedanken und Gefühle, Bewusstsein, Geist und Körper, die Frage nach dem freien Willen, nach „Erlebniswelten des Ichs“; immer wieder werden Naturwissenschaften und Metaphysisches (Esoterik, Religion) zueinander in Beziehung gestellt, um den Raum möglicher Antworten auf die Frage nach dem „Wesen unserer Gedanken“, nach Sinnhaftigkeit und Sinnstiftung zu erweitern.

Wer sich nicht scheut, gedankliche Ausflüge in esoterische Gebiete zu unternehmen und Freude daran hat, sich kritisch mit Möglichem und der Lebensführung Dienlichem auseinanderzusetzen oder – mit Ludwig Wittgenstein – der Auffassung ist, Wissenschaft könne nicht die wirklich relevanten Fragen stellen, findet in den Ausführungen von Werner Huemer zahlreiche Anregungen.

Hanspeter Reiter