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Otto Moralverbraucher

Autor Caspar Dohmen
Verlag orell füssli
ISBN 978-3-280-05521-2

„Vom Sinn und Unsinn engagierten Konsumierens“ berichtet dieses Buch, rund ums „ethische Einkaufen“, so der Fachbegriff. Fair Trade ist der Klassiker: Durch gezieltes Kaufen jene unterstützen, die wiederum dafür sorgen, dass die Produzenten einen einigermaßen adäquaten Ausgleich erhalten – seien es Lebensmittel oder z.B. Textilien. Ein Konzept, das im Gegensatz zu den „Bananen-Aktionen“ u.ä. Engagement stand, das wir als Aktivisten-Gruppe bei der Evangelischen Jugend in München voran treiben zu müssen meinten: Boykott nämlich, Verzicht und damit Nachfrage-Reduzierung. Was uns u.a. in Gegenposition zu einer Schweizer Gruppe brachte, die schon damals etwas wie Fair Trade installieren wollten. Gesprochen hat „man“ miteinander durchaus, auch auf der Basis einer von mir mitte der 1970-er Jahre getexteten Broschüre … Tatsächlich hat der andere Weg einiges bewirkt, über die Jahrzehnte – das u.a. zeigt Caspar Dohmen. Doch er hinterfragt auch kritisch die Effekte, in seiner Analyse: „Von der Entdeckung der Verbrauchermacht“ und „vom Instrument zum Politikersatz“ hin zum „Ausbau der Konsumentenmacht“, allerdings schließlich mit „neuen Aufgaben und Hindernissen für Verbraucher“. Und da nennt er auch „drei Bedingungen für einen wirksamen Käuferboykott“ (S. 54): „Es müsse eine effektive Konkurrenz zwischen Anbietern geben, stark austauschbare Produkte und die Möglichkeit, schnell zur Konkurrenz zu wechseln.“ Dabei hilft heutzutage natürlich das Internet, wie auch der Kulturwissenschaftler Nico Stehr meint, den der Autor zitiert (S. 99): „die Menschen (seien) so gut informiert wie noch nie … (und) die Durchschnittsausgaben eines europäischen Haushalts für Grundbedürfnisse … seit Anfang des 20. Jahrhunderts von 80 Prozent auf weniger als 33 Prozent gesunken.“ Was allerdings eben auch damit zu tun hat, dass Lebensmittel oder Textilien ihren Wert kaum im Preis repräsentieren – siehe geleistete Arbeit in Schwellenländern … Als entwicklungsfähiges Beispiel führt der Autor Nicaragua an: „Der faire Handel lernt laufen“ (S. 118ff.). Wobei generell gilt: „Außer altruistischen Unternehmern dürfte auch kaum jemand sein Sortiment komplett auf soziale Produktionsweise umstellen … Konventionelle Händler verkaufen ethisch korrekt Waren nämlich aus zwei Gründen: Sie wollen damit Geld verdienen und ihr Image verbessern.“ (S. 147) Auch Verbraucherschutz und Qualitätskontrollen diskutiert Dohmen, etwa S. 174ff., siehe z.B. die diversen Siegel … Ob und wie Unternehmen beides tun könnten und sollten, Geld verdienen und ethisch handeln, ist Thema zum Abschluss des Buches: Lassen Sie sich anregen … HPR

Hanspeter Reiter