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Bonner Kanon der Literatur

Autor Philipp Seehausen (Hg.)
Verlag Edition Schmitz
ISBN 978-3-932443-32-9

Ein Projekt, das mir tatsächlich entgangen ist, obwohl ich doch mit Argusaugen die Medien-Branche(n) und das Geschehen rundherum beobachte und begleite: Von Buchhändlern initiiert, sind Kanons entstanden, die zunächst einmal bewusst die üblichen „Kanoniker“ außen vor lassen, wie etwa Andre Reich-Ranicki und anderen Kritikern, von denen es derlei gibt. Beispiel Bonn: Einige Rezensenten – unterschiedlicher Couleur, seien sie Lehrer, Rentner, Buchhalter … – haben mehrere Bücher besprochen, die meisten eines, ihr Lieblingsbuch sozusagen, und zwar in unterschiedlicher Länge, von wenigen Sätzen bis zu mehr als einer (Druck-)Seite. Interessant auch, dass einige Bücher von mehreren Lesern besprochen wurden: unterschiedliche Perspektiven also sind zusammen gekommen! 80 Rezensionen sind es hier, insgesamt werden das 21 Bände in Cassette, einzeln wie auch komplett zu erstehen: Zu den 19 regionalen Kanons kommen ein Register-Band sowie ein „Kanon der Buchmenschen“, der überregional angelegt ist. Und im dortigen „Vorwort“ gibt es nennenswerte Sätze wie diese: „Wir können uns die sprichwörtlichen Bauchschmerzen gut vorstellen, beim Blick aufs Bücherregal nach dem EINEN Buch zu greifen und all die anderen – die es doch sicherlich auch verdient hätten – links und rechts davon stehen zu lassen.“ So ist jeweils ein Konglomerat von Büchern entstanden, das sehr bekannte beinhaltet, doch auch „Perlen“ im Sinne von weniger bekannt. Womit ein Abgleich mit eigenen Eindrücken möglich wird – und ein Angeregtsein, sich ums eine oder andere Buch zu bemühen, neue Lektüren zu finden, schön! Die Rezensenten „outen“ sich, die Bände sind in Leinen gebunden und enthalten ein Autoren- sowie ein Titel-Register, das dann mit denen der anderen Bände im Gesamt-Register zusammen geführt wird. Auch Sachbücher sind enthalten, jedenfalls bei den Buchmenschen. So fühle ich mich von Arndt Roszinsky-Terjung angeregt (S. 88 dort), zu „Prinzip Menschlichkeit“ von Joachim Bauer zu greifen, weil: Hirnforschung betreffend, zu denen dieser Autor wohl seit 2002 immerhin sieben Bücher publiziert hat, unentdeckt von mir … Und wie ist es mit einem „Kanon der Literatur“ Ihrer Stadt oder zumindest „regional ganz in Ihrer Nähe“? Schauen Sie mal nach, auf http://kanonderliteratur.wordpress.com/, dem Blog von Thomas Schmitz, Erste Liga Büro für Gestaltung. Ein völlig anders Projekt als etwa der „Zwirbler“ als von Facebook-Nutzern gemeinsam erstellter Roman, der zunächst digital entsteht und dann auch gedruckt erscheinen soll – auf Klopapier. Ein recht satirisches Projekt – ganz anders der Kanon: sehr klassisch und doch so zeitgemäß im Sinne von Kooperation … HPR

Hanspeter Reiter