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Paris – Roman einer Stadt

Autor Edward Rutherfurd
Verlag Blessing
ISBN 978-3896675156

Der Roman von Edward Rutherfurd gehört dem Genre des Historischen Romans an. Allerdings handelt es sich nicht um einen Abenteuer-Roman oder einem verkleideten Kriminalroman, sondern – wie es der Untertitel sagt – um einen Roman um eine Stadt, nämlich Paris. Wer historische Etappen und Phasen der Entwicklung dieser Stadt romanhaft: nämlich anhand der Geschichte einzelner Familien aus dem Adel, dem Großbürgertum und der Unterschicht der Handwerker und deren Verbindungslinien, die den Akteuren nicht immer gegenwärtig sind, verfolgen möchte, entdeckt in dem sorgfältig recherchierten Roman eine unterhaltsame Schatztruhe und kann etwa erleben, wie der Eiffelturm gebaut wird, welche Hindernisse und Probleme der Erbauer zu überwinden hat, erfährt über die Beziehungen der Städte Paris und Versailles Wissenswertes, leidet mit jüdischen Bürgern an den Verfolgungswellen – jeweils eingebettet in historisch reale Geschehnisse und bereichert um Vermutungen über Motivationen und Intentionen, die sich durchaus auch in historischer Fachliteratur finden lassen. Der Leser muss wachsam sein. Denn bei alldem springt der Autor zwischen dem 13. und 20. Jahrhundert hin und her, um die rhizomatische Verbundenheit und daher auch latente Verflechtungen von Personen, Familien und deren Erfahrungen nachvollziehbar und das Agieren der Akteure plausibel zu machen. Dabei zeigt sich eine Tendenz für die Stadt, Revolutionäres anzuziehen, sozusagen Gärendes zur Explosion zu bringen, wenn es ihr auch nie vergönnt ist, ihr Eigenleben in eine Kommune erblühen zu lassen, die Bestand hätte – bis zuletzt bleibt das so: Der Zeithorizont der Haupthandlung des knapp 930-seitigen Werkes reicht von 1261 bis in die 1940er Jahre und schließt ab mit einem Epilog 1968. Zugleich ist Paris Weltstadt, findet Kooperation über Meere und Kontinente, via Familien wie auch Eiffelturm und Weltausstellungen. Konkret mit Großbritannien und Kanada. Zwar überzeugen Sprachduktus und Handlungsweisen der Figuren den kritischen Leser nicht immer – und zuweilen beschleicht den Leser ohnehin der Verdacht, dass die Rahmenhandlung eher Dekor ist, um der Sympathie des Autors für die Stadt Paris und das Land Frankreich Ausdruck zu verleihen. Das tut einer leichten und vergnüglichen Lektüre allerdings keinen Abbruch, zumal die Schilderungen von Natur, Straßen, Vierteln sprachlich elaboriert gehalten sind und mit hübschen Metaphern aufwarten und der eine und andere Einblick in den Alltag der verschiedenen Schichten und in die technischen Details insbesondere der Konstruktion und Baubedingungen des Eiffelturms informativ geraten. Eine Lektüre, die insbesondere Anhängern von Epochenromanen zahlreiche außeralltägliche Beschäftigung und bildende Ablenkung bietet. Ergänzbar etwa mit Zolas „Paradies der Damen“, dem Kaufhaus-Roman, eben in Paris spielend – und auch mit der Ken-Follett-Trilogie des 20. Jahrhunderts, vor Kurzem (Herbst 2014) auch auf Deutsch abgeschlossen. Und natürlich macht „Paris“ Appetit auf die anderen Romane des Autors, etwa auch – New York J …

Hanspeter Reiter