Besonders sinnvoll in KMUs: Coaching für junge Führungskräfte
Warum es speziell für mittelständische Unternehmen Sinn macht, ihren „High Potentials“ externe Coaches an die Seite stellen, erläutert Dr. Gerhard Helm, Inhaber der Münchner Akademie für Business Coaching im Gespräch mit Perspektive Mittelstand.
Perspektive Mittelstand:
Herr Dr. Helm, warum sollten besonders KMUs ihren jungen Führungskräften einen Coach an die Seite stellen?
Dr. Gerhard Helm:
Wir leben in einer Zeit großer Umwälzungen und da haben mittelständische Unternehmen besonders große Herausforderungen zu meistern. Konzepte, die in den bisherigen Märkten gut funktioniert haben, passen in den transparenten, globalisierten Märkten auf einmal nicht mehr. Der Mitbewerb wird immer größer und schärfer. An einer business as usual-Einstellung sind in den letzten Jahren viele traditionsreiche Unternehmen gescheitert.
Deshalb ist der Mittelstand ganz besonders auf frische neue Ideen von außerhalb angewiesen. Er braucht innovative, anpackende junge Führungskräfte, die einen unverstellten Blick auf die Markterfordernisse haben.
Perspektive Mittelstand:
Das ist ja nun nicht nur ein Problem des Mittelstandes. Auch größere Unternehmen müssen sich auf Veränderungen einstellen.
Dr. Gerhard Helm
Ja, das stimmt. Nur haben in der Regel größere Unternehmen die besseren Chancen, hoffnungsvolle junge Talente zu rekrutieren. Viele von ihnen warten bereits jetzt mit innovativen Talent Management-Konzepten auf – und sind auch sehr erfolgreich damit. Da muss der Mittelstand etwas dagegen zu setzen haben.
Perspektive Mittelstand:
Was kann der Mittelstand Ihrer Meinung nach jungen Führungskräften bieten?
Dr. Gerhard Helm:
Durchaus viel! Wer in den Mittelstand geht, bekommt schnell Verantwortung übertragen, kann etwas bewegen und innovativ sein. Das Arbeiten in einem großen Konzern ist da manchmal etwas mühseliger, die Entscheidungswege sind einfach länger, die Strukturen unbeweglicher.
Perspektive Mittelstand:
Was sind die typischen Probleme des Mittelstandes, die im Coaching thematisiert werden?
Dr. Gerhard Helm:
Hier geht es oft um das Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation. Die junge Führungskraft verkörpert typischerweise die Innovation. Ideen entwickeln, innovativ sein, das hat viel mit trial and error zu tun. Damit kreatives Potential voll ausgelebt werden kann, ist der Austausch mit einem neutralen Gesprächspartner, etwa einem Coach, wichtig.
Perspektive Mittelstand:
Wäre es hier nicht sinnvoll, wenn Tradition – in der Person des Firmeninhabers – und Innovation – in der Person des jungen Talents – direkt miteinander ins Gespräch kommen?
Dr. Gerhard Helm:
Sicher ist das wünschenswert und sinnvoll. Oft ist es jedoch so, dass junge Führungskräfte Schwierigkeiten haben, sich gegen die gestandene Führungspersönlichkeit des Unternehmensleiters durchzusetzen. Besonders bei familiengeführten Unternehmen ist zudem viel Herzblut im Spiel. Neben den betrieblichen Verflechtungen sind auch die familiären Strukturen zu beachten. In diesem komplexen strategischen Feld muss sich eine neue Führungskraft erst einmal positionieren, um eine Chance zu haben, auch wirklich ihren Beitrag für das Unternehmen zu leisten. Im Coaching werden Strategien erarbeitet, wie sich die junge Führungskraft in diesem Feld von Innovation und Tradition sicher bewegt. Sie lernt, Probleme auch von anderen Perspektiven zu sehen und nicht gleich mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Oft geht es auch um den Umgang mit Frust und Überforderung und um Achtung und Respekt vor den Leistungen der Gründer.
Perspektive Mittelstand:
Der Coach also als Regulativ zum bestehenden Unternehmensgefüge?
Dr. Gerhard Helm:
In manchen Fällen ist das tatsächlich so. Die neue Generation braucht ihre Chance, ihre Innovationen zu Gehör zu bringen und in einem Traditionsunternehmen ein festes Fundament für Neues zu bauen. Damit wird auch eine stabile Bindung ans Unternehmen hergestellt. Die unmissverständliche Botschaft ist: Wir stellen dir einen Coach an die Seite, weil du uns wichtig bist. Wir schätzen deine Ideen und freuen uns, dich im Team zu haben. Wir möchten dir den Start in unserem Unternehmen so leicht wie möglich machen.
Coaching für junge Führungskräfte ist daher nicht zuletzt auch gelungenes Talent Management.
Perspektive Mittelstand:
Danke, Herr Dr. Helm, für dieses interessante Gespräch.
Kommentare
Pia 28.08.2013 um 8:24
Die Fähigkeiten mit Office- und Web Tools zu arbeiten ist eine der nötigsten Aufgaben von den jungen Führungskräften. Die zukünftige Kommunikationsmodelle sind sehr starkt mit den sog. social networks verbunden und sind wahrscheinlich nicht vermeidbar auch in den "höheren Etagen". Das soll nicht unterschätzt werden. "Neue Medien sollten initial geschult und dann im Schneeball-Prinzip tradiert und verfeinert werden. Es gibt leider noch wenig Benchmarking von Unternehmen dazu untereinander." Quelle: http://www.marktundmittelstand.de/nachrichten/strategie-personal/zukunftsmodell-fuehrungskraft-20/