Die Fachkommission Recht im DVWO informiert: BVerfG (Bundesverfassungsgericht) kassiert teilweise Abzugsverbot für Arbeitszimmer
Hinweis: Zunächst das Zitat aus dem Newsletter der Telekanzlei, danach eine Anmerkung.
Die Neuregelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, wonach Berufstätige seit 2007 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch abziehen können, wenn es den Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, ist teilweise verfassungswidrig. Das entschied das Bundesverfassungsgericht (Az.: 3 BvL 13/09). Der Kläger ist als Hauptschullehrer tätig. Der Schulträger hat es abgelehnt, ihm in der Schule einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Der Kläger unterhält deshalb Zuhause ein Arbeitszimmer. Das Finanzamt ließ die hierfür geltend gemachten Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG unberücksichtigt. Danach können Berufstätige seit dem Steueränderungsgesetz 2007 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch abziehen, wenn es den Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Der Lehrer klagte vor dem Finanzgericht. Dieses rief das Bundesverfassungsgericht an.
Die Karlsruher Richter entschieden, dass die fehlende Abzugsmöglichkeit in Fällen, in denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG sei insoweit verfassungswidrig. Das Gericht verpflichtete den Gesetzgeber, die Vorschrift rückwirkend zum 1.1.2007 entsprechend anzupassen. Bis dahin sei sie in diesen Fällen nicht mehr anzuwenden. Laufende Verfahren seien auszusetzen.
Grundsätzlich seien alle betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von der Bemessungsgrundlage abziehbar. Ausnahmen hiervon bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, um den Gleichheitsgrundsatz zu wahren. Das hier vorgebrachte Ziel des Gesetzgebers, die Einnahmen zu steigern, genüge nicht. Dass kein anderweitiger Arbeitsplatz vorhanden ist, könne der Steuerpflichtige außerdem einfach durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachweisen.
Das Urteil bestätigt die Rechtsauffassung, die die FK-Recht im DVWO sowie so ziemlich alle Verbände auch anderer Berufe zu diesem Thema vertreten haben (vgl. FK-Recht-Info vom 1.6.2007 und vom 29.12.2008). Nachdem es der Verbandslandschaft (also auch anderen Verbänden wie den Lehrerverbänden) bisher nicht gelungen war, das Bundesfinanzministerium und den Gesetzgeber von dieser Auffassung zu überzeugen, hat nun dankenswerterweise ein Lehrer es auf sich genommen, für diese Rechtsauffassung bis zum BVerfG zu streiten. Das Urteil hat für die Trainer in Deutschland erhebliche Bedeutung, weil Trainer regelmäßig „keinen anderen Arbeitsplatz" haben. Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesfinanzministerium sowie die Steuerbehörden der Länder nunmehr auch einen geradezu aberwitzigen weiteren Weg aufgeben: bisweilen wir der Abzug verweigert, wenn der Trainer mehr als 50% seiner Jahresarbeitszeit im Training oder sonstwie unterwegs ist. Es wird dann die Auffassung vertreten, Arbeitsplatz im steuerrechtlichen Sinne seinen die Trainingsorte, jedenfalls nicht das Arbeitszimmer. Solche Interpretationen zeigen, dass es im Steuerrecht schon lange nicht mehr nur um korrekte Rechtsanwendung geht, sondern vor allem eben auch darum, Einnahmen „um jeden Preis" zu schaffen und es dann eben auf Rechtssteritigkeiten ankommen zu lassen. Dennoch – vielleicht schafft es die Finanzverwaltung ja nunmehr, das Arbeitszimmer insgesamt wieder als ganz normale Betriebsausgabe anzusehen.
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Lindow, Rechtsanwalt
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