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Befristete Absenkung der Umsatzsteuersätze

GABAL Finanzvorstand Marcus Sperlich hatte bereits Anfang Juni über die geplante Senkung der Mehrwertsteuersätze informiert. Das Gesetz wurde nun am 29.06.2020 verabschiedet und ist pünktlich zum 01.07.2020 in Kraft getreten.

Nachfolgend möchten wir Ihnen gerne noch einige Hinweise geben:

Wie angekündigt wird für die Zeit vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 der allgemeine Mehrwertsteuersatz von 19% auf 16% gesenkt. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz wird von 7% auf 5% herabgesetzt. Ab dem 01.01.2021 gelten wieder die alten Steuersätze von 19% bzw. 7%.

Mit Inkrafttreten des Gesetzes hat das Bundesfinanzministerium ein umfangreiches Anwendungsschreiben erlassen (Vgl. BMF-Schreiben vom 30.06.2020, III C2 – S 7030/20710009:004), dessen wichtigste Regelungen wir Ihnen nachfolgend wiedergeben möchten.

 

  1. Anwendungsbeginn

Die neuen MwSt-Sätze von 16% bzw. 5% sind auf Lieferungen und sonstige Leistungen anzuwenden, die nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 bewirkt werden. Maßgeblich für die Anwendung der MwSt-Sätze ist stets der Zeitpunkt, in dem der Umsatz ausgeführt wird. Entscheidend ist also grundsätzlich, wann eine Ware geliefert oder eine Dienstleistung erbracht wird. Auf den Zeitpunkt der Rechnungstellung oder der Zahlung kommt es daher nicht an. Ebenso wenig kommt es auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarungen (z.B. Vereinbarung eines Bauleistungsvertrages, Mietvertrages oder Leasingvertrages) an. Auch die Vereinnahmung von Anzahlungen und Vorauszahlungen ist für die endgültige Entstehung der Steuer der Höhe nach (16% oder 19%) ohne Bedeutung.

Zusammenfassend:

  • Wenn eine Leistung vor dem 30.06.2020 erbracht wurde, die aber erst im Monat Juli 2020 in Rechnung gestellt wird, ist diese noch mit dem Steuersatz von 19% bzw.7% abzurechnen.
  • Bei einer Leistungserbringung nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 ist diese mit 16% bzw. 5% abzurechnen.
  • Bei einer Anzahlung im Mai 2020 für eine Leistung, die erst nach dem 30.06.2020 aber noch vor dem 01.01.2021 erbracht worden ist, ist in der Schlussrechnung ein MwSt-Satz von 16% auszuweisen. Die Anzahlungsrechnung mit dem noch 19%igen MwSt-Ausweis muss aber nicht korrigiert werden, wenn in der Schlussrechnung die bereits geleistete Anzahlung mit dem 19%igen MwSt-Ausweis offen ausgewiesen wird.

Beispiel:

Unternehmer U hat im Monat Mai für den Kunden K einen Auftrag für die Verlegung eines neuen Bodenbelags angenommen. K leistete eine Anzahlung von 50% = 1.000 EUR mit 19% MwSt = 1.190 EUR. Im Monat August 2020 wird der Boden beim Kunden K verlegt. U könnte folgende Schlussrechnung schreiben. Eine Korrektur der Anzahlungsrechnung bedarf es dann nicht:

 

Bodenverlagsarbeiten:                                2.000 EUR

Zuzüglich 16% MwSt                                         320 EUR

Rechnungsbetrag                                           2.320 EUR

Abzgl. Anzahlung                                           -1.000 EUR

Abzgl. MwSt auf Anzahlung                           -190 EUR

zur Zahlung offen:                                           1.130 EUR

Wichtig: Zur korrekten Ermittlung der MwSt muss damit immer festgestellt werden, wann die Leistung ausgeführt ist. Anzahlungen oder Vorauszahlungen spielen für die Anwendung des jeweiligen Steuersatzes keine Rolle, da es immer nur darauf ankommt, wann die entsprechende Leistung ausgeführt wurde.

 

2. Folgen eines überhöhten MwSt.-Ausweises

Die Senkung der MwSt.-Sätze ist sowohl für die Erstellung von Rechnungen im Unternehmen als auch für die Prüfung der Eingangsrechnungen relevant. Ist auf einer Rechnung der ausgewiesene Steuersatz zu hoch, wird dieser höhere Steuersatz auch zur Zahlung an das Finanzamt fällig. Allerdings kann der Leistungsempfänger nicht ohne weiteres den Vorsteuerabzug vornehmen, da der Steuersatz in der Rechnung nicht korrekt ist. Der Unternehmer kann die Rechnung aber nachträglich korrigieren. Daher ist es wichtig bei der Rechnungsprüfung zu erkennen, ob eine Eingangsrechnung den zutreffenden Steuersatz enthält oder zur Korrektur an den Aussteller zurückgeschickt werden muss.

 

3. Teilleistungen

Neben einer endgültig ausgeführten Leistung führt auch eine in sich vertraglich, abgeschlossene Teilleistung zur endgültigen Entstehung der Umsatzsteuer. Diese Teilleistung gilt dann mit Fertigstellung als ausgeführt. In der Praxis wird dabei vorausgesetzt, dass in einem Werkvertrag oder Dienstleistungsvertrag eine Abrechnung in Teilschritten zu erfolgen hat. Für den dann anzuwendenden MwSt.-Satz ist der jeweilige Fertigstellungszeitpunkt der einzelnen (Teil)-Leistungen maßgeblich.

 

4. Bauleistungen

Bei Bauleistungen ist in der Praxis oftmals das Problem anzutreffen, dass Teilleistungen (Siehe c)) nicht klar voneinander abgegrenzt sind. Zwar sind die Leistungen wirtschaftlich abgrenzbar, jedoch fehlt es oft an der konkreten vertraglichen Vereinbarung. In diesem Fall gilt die Bauleistung regelmäßig erst mit der Abnahme als ausgeführt. Wenn die Abnahme der Bauleistung also in den Zeitraum vom 01.07.2020 und dem 31.12.2020 fällt, gilt einheitlich der Steuersatz von 16%.

 

5. Dauerleistungen

Bei Dauerleistungen, die im Rahmen von Teilleistungen ausgeführt werden (Mietverträge, Leasingverträge) muss auf eine Anpassung und Korrektur der Abrechnungen geachtet werden. Dazu muss nicht ein neuer Vertrag (z.B. Mietvertrag) ausgestellt werden. Es ist völlig ausreichend, eine entsprechende Ergänzung zu dem Vertrag zu verfassen. Wird keine Korrektur vorgenommen, schuldet der Vermieter /Leasinggeber weiterhin 19% MwSt. Der Mieter/Leasingnehmer hat das Risiko, dass der Vorsteuerabzug vom Finanzamt verwehrt wird (siehe b)).

 

6. Sonderregelung bei Restaurations- und Verpflegungsleistungen

Besondere Herausforderungen ergeben sich für Unternehmer, die in der Gastronomie tätig sind und ihre Gäste in ihrer Gaststätte bewirten. Bis zum 30.06.2020 unterlagen ihre Leistungen dem MwSt.-Satz von 19%. Ab dem 01.07.2020 gilt der ermäßigte Steuersatz von 5%, soweit es sich um Speisen handelt. Für Getränke gilt ab dem 01.07.2020 ein Steuersatz von 16%. Vom 01.01.2021 bis zum 30.06.2021 gilt für Speisen ein ermäßigter Steuersatz von 7% und dann aus heutiger Sicht ab dem 01.07.2021 für Speisen und Getränke wieder einheitlich ein Steuersatz von 19%.

 

7. Befristete Nicht-Beanstandungsregel (Juli 2020)

Nach dem BMF-Schreiben vom 30.06.2020 wird es für Leistungen, die im Juli 2020 ausgeführt werden, nicht beanstandet, wenn in den Rechnungen noch der alte Steuersatz ausgewiesen wird. Dies setzt allerdings voraus, dass der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer dann auch in Höhe von 19% bei seinem Finanzamt anmeldet.

 

Wir hoffen, dass diese Informationen für Sie hilfreich sind und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Marcus Sperlich

Steuerberater

Dieselstraße 12

61191 Rosbach

06003 91420

www.steuerberatung-sperlich.de

 



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