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Believe me

Autor JP Delaney
Verlag Penguin
ISBN 978-3-328-10326-4

„Spiel Dein Spiel. Ich spiel es besser“ erläutert der Untertitel in deutscher Sprache etwas genauer: Um Vertrauen geht es, das zeigt sich bald …

Schauspiel, Vertrauensspiele und mehr…
Und es geht um – reale Virtualität?! Das jedenfalls kam mir spontan in den Sinn, quasi das Gegenteil der viel gerühmten „Virtual Reality“ mit all ihren Varianten, bis hin zu Mixed Realities. Die Protagonistin jedenfalls tut sich bald recht schwer, zwischen Spiel und echtem Geschehen (echten Gefühlen) zu unterscheiden. Noch mehr: Ihr Ziel ist es, ihr Gespieltes real werden zu lassen … Und das entwickelt sich so: „Claire finanziert ihr Schauspielstudium mit einem lukrativen Nebenjob: Für Geld flirtet sie mit verheirateten Männern, deren Ehefrauen wissen wollen, ob sie ihnen wirklich treu sind. Doch die Frau von Patrick Fogler ist nicht nur misstrauisch – in ihren Augen liest Claire Angst. Und am Morgen nach Patricks und Claires Begegnung ist sie tot. Die Polizei verdächtigt den Witwer, und Claire soll helfen ihn zu überführen – wenn sie nicht will, dass die Polizei herausfindet, was sie selbst in der Mordnacht getan hat. Doch Patrick wirkt nicht nur beängstigend und undurchschaubar, er fasziniert Claire. Und sie ahnt: Sie muss die Rolle ihres Lebens spielen…“. Oder vielmehr: diese Rolle – leben.

Wo endet Spiel, wo beginnt Realität?
Fürs Schauspielen an sich, Lebenstraum der Hauptperson, scheint das klar, wenn auch schwer erreichbar: „Nicht denken! Ihr sollt nichts vortäuschen oder darstellen. Sondern in der Rolle handeln.“ So die Aufforderung ihres Lehrers an der Schauspielschule (S. 45), voila. Wie das geht? Üben, üben, üben … Etwa so: „Es gibt eine geniale Übung …, in der zwei Akteure einfach dieselben Worte wiederholen. Bei dieser Übung soll man begreifen, dass Worte immer nur die Bedeutung haben, die man ihnen verleiht.“ (S. 73) Wie sie ausgesprochen werden, verbal – und begleitet, nonverbal: Klasse Anregung für Rhetorik- und Kommunikations-Trainer, oder? Weiterbilder jeglicher Couleur gewinnen eine Menge an Einsicht mit diesem Thriller, siehe auch S. 172f.: „Werten. Das solltest du vermeiden. Wenn du „das ist furchtbar“ oder „das ist toll“ sagst, ist das weitaus weniger nützlich als eine neutrale Reaktion wie „Ach ja?“ oder „darüber würde ich gern mehr hören“. Bemerkungen wie „ich an ihrer Stelle würde …“ und dergleichen sind auch nicht angeraten. Und denk immer daran, dass Schweigen das wirksamste Verhörmittel ist.“ Was auch für Verhandlungen gilt, fürs Verkaufen – die Ohren manches Verkaufstrainers mögen klingeln…

Literatur wird real
Und auch Freunde klassischer Literatur, geht es doch zentral um Baudelaire, sein Werk und Leben, zentral: Le Fleur du Mal. Denn schon mal zeigt sich, dass es eine Verbindung geben muss zwischen dem aktuellen und weiteren Morden, erkennbar am jeweiligen Setting, als Quelle wohl: Baudelaires Gedichte (S. 111 etc.)! Mehr zu verraten, würde zu Spoiler führen – doch an dieser Stelle haben Story wie Leser noch weitere 300 Seiten vor sich… Die weiterhin höchst spannungsreich verlaufen, mit interessanten Volten, bei denen ich gedacht habe: Wow, welch Fantasie hat dieser Autor (im wirklichen Leben Anthony Capella, mit weiterem Pseudonym Tony Strong)!! Mit viel fundierter Recherche offenbar, bezieht er doch auch Erkenntnisse mit ein, die „das Schauspiel“ letztlich der Hirnforschung verdankt: „Heute werden wir an zwei der wichtigsten Methoden für die Gestaltung einer Rolle arbeiten: dem sensorischen und dem emotionalen Gedächtnis“ (S. 210), relevant wiederum für unsereinen, seien wir Trainer, Coaches, Berater …: Beim Lehren & Lernen generell! Viel Vergnügen also bei Unterhaltung, die gar Weiterbildung sein kann. HPR

Hanspeter Reiter