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Chez Krull

Autor Georges Simenon
Verlag Atlantik
ISBN 978-3-455-00785-5

„Die großen Romane“ verweist darauf: Dies ist einer von jenen 117 jenseits der 75 Maigrets. Beide Reihen erscheinen nun nach und nach gebunden (bei Kampa) wie auch bei Atlantik, dort als Taschenbuch. Und der hier hat es besonders in sich…

Xenophob
So sind sie offenbar, und das übrigens schon Ende der 1930-er Jahre (geschrieben 1938), wie es scheint. Dass auch deutsche Konzentrationslager durchaus breit bekannt gewesen scheinen, darauf verweist das Nachwort von Julian Barnes (S. 253), weil die zentrale Figur viermal damit „spielt“… „Chez Krull heißt der von deutschen Einwanderern geführte Laden am äußersten Rand einer kleinen Ortschaft in Nordfrankreich. Trotz ihrer Bemühungen, sich zu integrieren, bleiben die Krulls die Fremden. Als der unangepasste Vetter Hans anreist, spitzt sich die Lage zu. Die Leiche einer jungen Frau wird gefunden, und sogleich fällt der Verdacht auf die deutsche Familie.“ Vielmehr wird er gerade von jener Person auf sie gelenkt, die besonders von ihrer Großzügigkeit profitiert, zahlt sie doch kaum für die Schnäpse und selten für die Lebensmittel, die sie dort im Laden erhält. Die Charaktere der Familien-Mitglieder und einiger Nachbarn entwickelt Simenon fein nach und nach, das Geschehen dagegen gewohnt lapidar, stellenweise gar in lakonischer Tonalität – Schicksal halt. Die starke Tante ist es, die dagegen hält, die anderen verhalten sich passiv, Cousin Hans lässt sich schlicht treiben. Er (resp. sein Eindringen in eine eh labile Gemeinschaft) ist der Auslöser für das, was dem Mord folgt. Durchaus überraschend das Schluss-Kapitel, das einige Jahre später spielt, wohl eher annähernd ein Jahrzehnt danach. Offenbar wichtig für den Autor… Auch deshalb, weil mir persönlich manches Verhalten von Hans Krull ein wenig autobiografisch scheint. Und wer weiß, ob Thomas Mann den Roman kannte – immerhin sprach und las er auf Französisch – und ob er sich davon hat anregen lassen, was seine „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ anging, der durchaus ähnliche Züge zeigt?! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter