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Cliquenwirtschaft

Autor Gisela Schmalz
Verlag Kösel
ISBN 978-3-466-34595-3

Die Autorin ist Professorin für Strategisches Management und Wirtschaftsethik an der RWTH Köln – und bietet Einblick in „Die Macht der Netzwerke: Goldmann Sachs, Kirche, Google, Mafia [&] Co.“. Versprochen wird, dass Sie das Geheimnis lüftet, „um die wirtschaftliche und emotionale Macht derartiger Seilschaften“ und deren Strategien globaler Wirkung enthüllt. „Zweifellos virtuos verstehen sie es, in der Wirtschaftswelt zu agieren,“ diese zu manipulieren, „ihr Know-how ständig zu professionalisieren, weltweite Netzwerke zu spannen und um sich herum eine charismatische Aura zu schaffen, die ihresgleichen sucht.“ Voila, der überraschende Plot klingt so: „Nicht Regeltreue, Schubladendenken und das Kopieren alter Handlungsmuster führen zu Reichtum und Einfluss, sondern vielmehr der Spaß daran, anders und weiter zu denken“, das ist die Botschaft! Schmalz analysiert sie alle, von der katholischen Kirche über Cosa Nostra [&] Co. auch Goldman Sachs und Google, um so die „Essenzen gelungener Cliquenwirtschaft“ zu identifizieren. Vom „Geklüngel deutscher Bischöfe“ war in den vergangenen zwei Jahren (Herbst 2014) mehr als genug zu erfahren (S. 62ff.). Die zehn Regeln der Cosa Nostra listet sie S. 123 auf (z.B. „Man stellt sich unseren Freunden nicht allein vor – dies geht nur über die Vermittlung von Dritten“ und „Verabredungen werden kategorisch eingehalten“ – dazu auch „Lass die Finger von den Ehefrauen unserer Freunde“ und „Die Ehefrau muss respektiert werden“), eine Art Ehrenkodex also. Wie (z.B.) Goldman Sachs Insider-Informationen nutzt (S. 172ff.), hat ein früherer leitender Angestellter eben dieser auch veröffentlicht – die Autorin legt hier auch noch die Verbindungen und Verschachtelungen in der Finanzwelt weit darüber hinaus offen. So schreibt sie auch die Geschichte der Finanzkrise teilweise neu (siehe S. 200 rund um Lehmann) … Was alles bei Google so läuft, darüber gibt es u.a. als Roman verwoben „The Circle“ – Schmalz stellt das sehr sachlich dar, wie etwa Nooglers (= Google-Newcomers) fast (?) sektenhaft in der dortigen „Gemeinschaft“ aufgenommen werden. Und schlussfolgert (u.a.): „Der Motor einer Gesellschaft sind Menschen, die in Kleingruppen unmittelbar aufeinander treffen. Soziales Kapital, das in Cliquen entsteht, wo Menschen Wissen austauschen, Erlebnisse teilen, einander helfen, sich miteinander vergleichen, gegeneinander rivalisieren, einen kollektiven Narzissmus ausprägen oder gemeinsame Ziele verfolgen, kann einiges entfesseln … Die größere Einheit, eine Gesellschaft, Firma, Nation oder Nationengemeinschaft, setzt das soziale Kapital der kleinen Einheit Gruppe gezielt dazu ein, um politische, ökonomische oder gesellschaftliche Ziele zu verwirklichen … Glücksforscher haben die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe als einen wesentlichen Glücksbringer für Menschen beschrieben.“ (S. 271) Es entsteht eine Cliquen-eigene Energie, die intrinsisch motiviert (S. 277), einheitlicher Kleidungsstile und eine gemeinsame Sprache machen ähnlich(er) und prägen (S. 289), um nur einige von insgesamt 16 durch Gisela Schmalz identifizierte Aspekte zu zitieren. Ihr Ziel? „Das Buch will zu einer sozialverträglichen, sozialen Zwecken zuträglichen Cliquenwirtschaft ermuntern … Außerdem will es dazu anregen, bestehende Cliquenwirtschaften zu unterwandern“, wie das derzeit auch Papst Franziskus versuche (S. 294). HPR

Hanspeter Reiter