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Das Handelshaus

Autor Axel S. Meyer
Verlag rororo
ISBN 978-3-499-27443-5

„Ein Roman aus der Hanse-Zeit“ ist hier vorgelegt, von einem Autor, der hauptberuflich Journalist ist, bei der Ostsee-Zeitung – also genau in jener Region, in die er seine Leser ins Stettin Mitte des 16. Jahrhunderts mitnimmt… Und auch deshalb realistisch erscheint, weil sich die happy-endings durchaus in Grenzen halten. Erwartbar für jene Zeit.

Familien-Geschichte: viele Zutaten
… sind hier geboten, auch das erwartbar, Spannung aufzubauen: „Liebe, Gier, Verrat – und ein mächtiges Handelshaus vor dem Untergang“, der sich recht bald abzeichnet. Die Nach-Patriarch-Zeit ist angebrochen, nach dem Interregnum der Ehefrau des Verstorbenen ist seit einigen Jahren der Erstgeborene der Regierer… „Stettin, 1566. Das Handelshaus der Familie Loytz ist eines der reichsten in Nordeuropa. Doch nach dem Tod des Patriarchen entzweien sich die Söhne Michael und Stephan. Beide ringen um die Führung des Unternehmens. Auch in der Liebe sind die Brüder Rivalen. Sie werben um die schöne Leni. Als Leni sich in Stephan verliebt, wird sie jedoch von ihrem Vater mit Michael verheiratet. In dieser Zeit, geprägt vom Dreikronenkrieg und dem Niedergang der einst mächtigen Hanse, kämpfen die Brüder Loytz um die Zukunft ihres Handelshauses – gegeneinander und auch gegen einen alten Erzfeind, den mächtigen Kurfürsten Joachim von Brandenburg …“. Olala, mag Leser denken, da ist was geboten! Und in der Tat, ein halbes Jahrhundert nach Luther und Bauernkriegen hat sich kaum was verändert, im Verhältnis von Adel und Bauern, Bürgern und Unternehmern…

Dichtung & Wahrheit
Vielerlei Geschäftszweige haben die Loytz rund ums Kerngeschäft aufgebaut, die Heringsfischerei (und Verarbeitung plus Handel), siehe Banken (aus ihrer Sicht nötig, sich Monopole im Einfluss von adeligen Darlehns-Nehmern zu sichern) und auch Getreide (siehe S. 96f. aus der Sicht von Octavian, dem ! jüdischen Hauptbuchhalter). Was mich erinnerte: Hat ein wenig etwas von den Buddenbrooks (jeglicher Vergleich verbietet sich naturgemäß von vorne herein, dennoch…) – die Geschichte eines Handelshauses im Nordosten Deutschlands, ein paar Jahrhunderte früher… In seinem Nachwort erläutert der Autor S. 613ff., wie nahe er sich an historisch Belegtes gehalten hat – und welche der Figuren fiktiv angelegt sind. Wer mag, lernt so eine Menge über das Leben im nordöstlichen „Deutschland“ des 16. Jahrhunderts (auch über Religion und Priester und Abtreibung – oder über Alchemie (u.a. S. 398ff.). Wobei Stettin (Szczecin) ja heute längst zu Polen gehört, wozu auch die vom Autor gewählte Schreibweise des Familien-Namens passt.
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Hanspeter Reiter