Das innere Archiv
Autor | Vera F. Birkenbihl |
Verlag | Gabal Verlag |
370 Seiten ISBN: 3897492415 Preis: 25,90 Euro Rezensiert von Christiane Bauer, cb@bauer-pirkner.de „Der Aufbau des Buches ist sehr einfach“ – so Vera Birkenbihl im Intro über „Das innere Archiv“, das 2002 im GABAL Verlag erschienen ist. Die 366 Seiten sind aufgeteilt in 3 Teile – Teil I: 2 Kapitel, der Reihe nach zu lesen. Teil II enthält Module, die der Leser in eigener Reihenfolge angehen kann. Angehängt sind im Teil III zahlreiche Merkblätter, ein Literatur- und ein Stichwortverzeichnis. Das Konzept „inneres Archiv“, schreibt die Autorin, verbindet Gedächtnis mit der bestmöglichen Nutzung desselben als Buch-Seminar. Sie geht davon aus, dass wir unterbewusst extrem viel wissen, bewusst aber oft nicht auf dieses implizite Wissen zugreifen können. Doch wer will, kann passives Wissen aktiv anzapfen. Assoziatives Denken, assoziative Denk-Techniken sind dazu der wichtigste Schlüssel – und die zeigt uns Vera Birkenbihl. ABC-Liste, KaWa© und KaGa© Couvert-Technik, Lull`sche Leiter, Rotae, Exformation, Analograffiti – da schwirrt`s im Kopf von Fremdwörtern quer durch das Buch. Wer die Vorgänger-Bücher „Stroh im Kopf“ und „Das große Analograffiti-Buch“ durchgearbeitet hat, kennt den Stil, kennt die kreative Sprache. Sie nutzt ihre vergangenen Forschungen, Gedanken und Modelle und baut darauf auf. Auf diese Vorgänger-Literatur verweist die Autorin immer wieder, vielleicht ein wenig oft. Doch vielleicht gehören Buch-Verweise wie auch Fachwörter zum ganz eigenen Stil der Kennerin für gehirn-gerechtes Arbeiten, die flapsig-frisch frei von der Leber weg erzählt und sich auch mit ganz konkreter, durchaus konstruktiver Kritik nicht zurückhält – sei es gegen das Schulsystem der industrialisierten Länder, gegen langweilige Theoretiker oder gegen die sture Paukerei. Denn stures Pauken, dummes (Auswendig-)Lernen wirken für unser Gehirn wie isolierte Daten und lähmen eigenes Denken und Kreativität. Birkenbihl setzt dagegen: Lernen mit Verständnis und Einschalten des Geistes – denn damit bauen und erweitern wir das innere Archiv. Und sie bringt Beispiele, wie es besser gehen kann. Denn spätestens in höheren Studiensemestern und natürlich im Leben geht es nicht darum, dumm zu lernen, sondern um assoziativ zu denken, zu analysieren, Synthesen zu finden, zu bewerten, Entscheidungen zu treffen… Außer Modulen wie „Schulsystem“ oder „Wahrnehmung“ gibt es in dem Buch viel an geballtem Wissen mit Hintergrund und Tiefsinn: neue Experimente und Ergebnisse aus der Forschung über das Lernen, der Umgang mit der Informationsflut oder das Gedächtnis-Paradox. All dies und verschiedenste Techniken wie ABC-Liste, Couvert-Technik, Lull`sche Leiter dienen dazu, das assoziative Denken zu trainieren, kreativer und selbsicherer zu werden, mehr Lust auf mehr Denken zu bekommen, passives Wissen zu aktivieren. Der Leser möge sein eigenes Wissen entfalten und einen neuen Denk-Stil entwickeln, der Geniales zu schaffen vermag. Geniale Denker denken assoziativ, sagt Birkenbihl, die sich mit dem Buch einmal mehr als Pädagogin mit Leib und Seele erweist – in Auseinandersetzung mit ihren eigenen Erfahrungen mit Schule und Lernen. Gewöhnungsbedürftig: ihre selbstgezeichneten Bilder, die dem Betrachter wie beiläufig aufs Papier gekritzelt anmuten, die zahlreichen KaWa`s (Wort-Assoziationen). Gewöhnungsbedürftig auch die Randnotizen, Rotschrift, Fettschrift, dünne Schrift, dicke Schrift. Manch einen mag dies eher verwirren. Und wer sich anfangs durch die 15 Seiten Quizfragen und Aufgaben durchgekämpft hat, findet auch nicht sofort die Lösung, sondern muss blättern – nicht gerade motivierend. Und auch ein wenig mehr an Struktur, ein wenig mehr lenkender Autor hätte dem Buch gut getan. Auf der anderen Seite: ein direkter herzerfrischender Plauderton, ein intelligentes Gespräch eines belesenen, informierten Gegenübers in direkter Ansprache mit mir Leser. Wo finde ich das sonst noch? – Und für den, der sich mit dem Thema Lernen und Lehren ernsthaft auseinandersetzt, ist das Buch fast schon ein MUSS.