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Das letzte Bild

Autor Anja Jonuleit
Verlag dtv
ISBN 978-3-423-28281-9

„Ein altes Phantombild – eine düstere Familiengeschichte“ entwickelt die Autorin aus einem „true crime“, wie der zugrunde liegende Fall wohl zu benennen wäre: Ausführlich von ihr kommentiert S. 459ff., dazu als Anhang Fakten, wie sie sie auch in der fiktiven Handlung verarbeitet hat…

Fakten und Fiktion
Natürlich hat die Autorin einen Roman geschrieben, wie sie im Nachwort auch betont, doch die belegten (resp. fragwürdigen, zu hinterfragenden… ) Fakten bilden die Basis fürs von ihr entwickelte Geschehen: „Als die Schriftstellerin Eva zufällig auf ein Phantombild in einer Zeitung stößt, gerät ihr Leben plötzlich aus den Fugen. Es ist das Bild einer Frau, die im November 1970 im norwegischen Bergen gewaltsam zu Tode gekommen ist und deren Identität nie aufgedeckt wurde. Doch warum sieht diese Frau ihrer Mutter zum Verwechseln ähnlich? Als Eva die Mutter mit ihrer Entdeckung konfrontiert, weiß sie sofort, dass sie auf ein dunkles Familiengeheimnis gestoßen ist, dem sie auf den Grund gehen muss. Eine Reise nach Norwegen führt Eva Schritt für Schritt in die Vergangenheit einer Fremden voller Rätsel…“. Die die Autorin in ein zur damaligen Zeit passendes Geschehen integriert, das sich recht bald andeutet: Nazi-Zeit in Frankreich – und andernorts.

Ineinander greifende Erzählungen
… erlebt Leser parallel, abwechselnd in Jetztzeit und Vergangenheit geführt. Wobei das Tempo des Ineinandergreifens quasi zunimmt, je mehr das Ende naht, also die „Lösung“, der Plot. Das gilt in gleicher Zeit-Ebene (jetzt) wie im Verquicken der beiden Zeiten (1970 und aktuell, 1944 spielt nur kurz eine „aktuelle“ Rolle, wird sonst nurmehr erwähnt). Dabei sind die Texte in verschiedenen Schriften gesetzt, so dass sich Leser sofort umstellen kann, trotzdem Passagen schneller aufeinander folgen, im selben Kapitel. Dazu kommen Zitate aus der ZEIT aus dem Jahr 2018, die jenen Fall offenbar aufgegriffen hatte… Auch geografisch nimmt die autorin ihre Leser auf eine Reise, zwischen (damals) Frankreich und Belgien nach Norwegen, gelegentlich auch Rom – und natürlich Deutschland (heute). Ein wahre Tour d´Europe – und so unterhaltsam und spannend die auch sein mag, mag beim Leser auch Betroffensein entstehen wie bleiben, nach der Lektüre… Ein ausgesprochen lesenswerter Roman, im Genre schwer zu fassen, schlicht Raum greifend! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter