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Das Prinzip der Chimäre

Autor Carlo Severi
Verlag Konstanz University press
ISBN 978-3-8353-9092-8

„Eine Anthropologie des Gedächtnisses (Ethnographien)“ bietet einen Blick aus völlig veränderter Perspektive – wichtig und weiter führend für Weiterbildner jeglicher Couleur!

Mischwesen und Gedächtnis
Bildliche Symbole bildeten wohl die Basis für die Entwicklung der Schrift(en) – und derlei gibt es auch in schriftlosen Kulturen. Mischwesen wie die „Blitzschlange“ dienen dabei im Besonderen dem Merken, dem Erinnern, dem Weitergeben. „Der Ursprung der Chimäre ist eine bahnbrechende Studie über die rituellen und bildlichen Überlieferungen derjenigen Völker, die aus der Perspektive einer westlichen Moderne vor allem als »schriftlos« angesehen wurden. Das Buch argumentiert gegen eine wirkmächtige Tradition, die das kulturelle Gedächtnis dieser Völker als ungeordnet und unbeständig einschätzt, weil es auf so flüchtige Medien wie Ornamente, Körperkunst und Masken angewiesen war. Aber wie unterscheiden sich solche Erinnerungsformen tatsächlich von den uns vertrauten?“ Und ergänzend gefragt: Was sagen uns derlei Erkenntnisse über das Entstehen unseres heute gewohnten Gedächtnisses? Resp. „der Gedächtnisse“, wie wir das aus der modernen Hirnforschung ja wissen (siehe u.a. das von mir heraus gegebene „Handbuch Hirnforschung und Weiterbildung“!).

Geschrieben & gesprochen?!
Das Verbindende beider Kommunikations-Formen versuche ich in meinen Workshops „Erfolg texten“ heraus zu arbeiten, mit den Teilnehmenden und für sie. Denn Geschriebenes lesen zu können, ist eine sehr junge Fähigkeit des Menschen. Gehörtes aufzunehmen und weiter zu reichen dagegen quasi „uralt“! Und dazu passt dies: „Severis Buch entwirft nichts Geringeres als eine Anthropologie des Gedächtnisses und vermisst dabei die Grenzen zwischen oralen und Schriftkulturen gänzlich neu. In faszinierender Weise beschreibt es die Beziehungen zwischen dem narrativen und dem rituellen Sprechen in Gesellschaften, die sich auf das gesprochene Wort stützen und dabei das Erinnerungswürdige von dem unterscheiden, was dem Vergessen anheimzugeben ist. Indem es den Spuren dieser nicht-westlichen Gedächtniskunst folgt, erlaubt uns Severis Buch, auf neue Weise über das Wesen kultureller Unterschiede nachzudenken.“ Wie wir wirken mithilfe von Visualisierung, ein Dauerthema für Trainer, Coaches und Berater!

Sprache und Bild
… Wissenschaft und Praxis, hier sind sie zusammen geführt, faszinierend! „Eine anthropologisch fundierte Wissenschaft der Imagination, die Praktiken des Erinnerns und Einbildens jenseits der herkömmlichen Denkweisen als Zusammenspiel von Sprachgebrauch, Erwartungshaltungen, rituellen Energien und individuellen Zukunftsprojektionen begreift, ist der Fluchtpunkt dieser ethnographischen Entdeckungsreise. Severi nimmt die klassischen Forschungen von Augustus Pitt-Rivers, Aby Warburg und Franz Boas auf, erweitert sie aber durch eine Fülle ethnographischer Materialien und weitreichender Thesen, die nicht nur die Reflexion über Kunst und Kommunikation, sondern auch die Theorien von Kultur und Semantik neu beleben werden. Das Buch gibt uns damit eine Möglichkeit der vergleichenden Untersuchung zurück, die längst verloren gegangen schien: Anthropologie, Geschichte und Ästhetik als Wissenschaften von Imagination und Gedächtnis so miteinander ins Gespräch zu bringen, dass wir mehr über unser Dasein in der Welt erfahren.“ Apropos Rituale: Da haben wir wieder bewegtes Visualisieren – es entstehend Episoden, optische Erzählungen… Lesen, betrachten, umsetzen. HPR

Hanspeter Reiter