Der ausgestopfte Barbar
Autor | Gergely Péterfy |
Verlag | Nischen |
ISBN | 978-3-950-39062-9 |
„Dass jemand von seinen eigenen Freunden ausgestopft werden muss, ist eine wahrlich absurde Situation.“ Doch für die hier beschriebene Zeit (18. Jahrhundert) wohl durchaus … „üblich“? Dies ist ein biografischer Roman, die Nacherzählung zweier Leben – eigentlich noch dem einiger Personen mehr…
Die Story in Kürze
Über 555 Seiten erzählt (meist) die Ehefrau des „ungarischen Barbaren“(!) Ferenc Kazinczy, die eng verwoben ist mit einem nur scheinbar ganz anderen Barbar: „So geschehen mit Angelo Soliman, der als Kindersklave um etwa 1720 nach Wien kam, dort an verschiedenen Fürstenhöfen eine vielfältige Bildung genoss und in späteren Jahren einer der brillantesten Geister seiner Epoche war. Er bewegte sich in den Kreisen der Freimaurer, pflegte auch gute Beziehungen zu Kaiser Joseph II, zu Fürsten und zu namhaften Wissenschaftlern seiner Zeit. Angelo Soliman war aber ob seiner Hautfarbe auch eine Jahrmarktsattraktion, eine lebende Figurine der Fremdheit – und daher wurde nach seinem Tod seine Haut auf eine Statue aus Holz gespannt und als namenloses Exemplar seiner „Rasse“ im Hof-Naturalien-Cabinet (dem Vorgänger des Natur-Historischen Museums in Wien) ausgestellt, bis sie in einem Feuer bei den Kämpfen des Jahres 1848 vernichtet wurde.“
Da ist noch mehr
Die Lebensgeschichten sind eingewoben in ein Gesellschaftsbild einer Zeit, in der „die Ungarn“ hin und her gerissen waren zwischen der Fremdherrschaft in Wien (die bald ins Doppel-Kaisertum Franz II. und später in die K.u.K.-Monarchie überging) und dem Widerstreit von Volk und „eigenen Adeligen“. Der Kern des Romans spielt in etwa parallel zur Französischen Revolution und der darauf folgenden Napoleon-Diktatur: „“Der ausgestopfte Barbar“ ist aber mehr als nur die Geschichte des Angelo Soliman. Der ungarische Schriftsteller Gergely Péterfy lässt Gräfin Sophie Török, der Witwe des herausragenden Literaten und epochalen Spracherneuerers Ferenc Kazinczy und Freund Solimans die Geschichte dieser beiden bemerkenswerten Männer erzählen. Kazinczy wurde der Teilnahme an einer Verschwörung beschuldigt und war 2387 Tage eingekerkert, darunter sogar in der Festung Kufstein. Wie sein Freund Soliman bemühte er sich bis an sein Lebensende vergeblich, die Welt durch die Vermittlung von Einsichten und Wissen ein wenig besser zu machen.“
Verzweifelt an den Menschen
…und an den Strukturen, so wird Kazinczy dargestellt: Die eigenen Familien ihn ausstoßend, die Freimaurer nur noch bedingt mitlaufend – ein Ausgestoßener den anderen findend. „So ist dieses grandiose Buch auch zu lesen als eine Parabel auf die menschliche Bosheit und Dummheit, die die Ideale des Geistes und der Schönheit vernichten. Dass bei allen geschilderten Skurrilitäten immer wieder Humor durchblitzt, macht diesen Roman noch faszinierender.“ Fast ein „Bilderbuch“ ungarischen Lebens um die Jahrhundertwende 1800. HPR