Der Koran in seinem religions- und weltgeschichtlichen Kontext
Autor | Zishan Ghaffar |
Verlag | Brill |
ISBN | 978-3-506-70432-0 |
„Eschatologie und Apokalyptik in den mittelmekkanischen Suren (Beiträge zur Koranforschung)“ verweist darauf, dass es sich um ein ziemlich wissenschaftliches Werk handelt. „Dennoch“ ein Muss für einen anderen Zugang zum Islam. Auch und gerade, weil der Autor Bezüge zur christlichen Bibel wie zur jüdischen Tora selbstverständlich einbezieht und diskutiert (Jesus-Figur, Messias, Mohammed, Johannes, Maria …). Dies ist der Kern, zitierte Definition: „Die in verschiedenen prophetischen Religionen zentrale Lehre von einem am Ende der Weltgeschichte und nach einem Untergang der bisher bestehenden Welt (Weltende) neuen Zustand der Welt und des Menschen, die verschieden erwartete Erfüllung der religiösen Hoffnung: als »Wunderbarmachung« der Welt (Zarathustra), als messianisches Reich (Propheten Israels, Judentum), Eintritt des Gottesreiches (Christentum), als Paradies (Islam), als verbessertes Weltzeitalter (Hinduismus: Welterneuerung, eingebunden in die Lehre von den aufeinanderfolgenden Weltperioden).“ (www.brockhaus.de 06.08.2020)
Paradies?
Gerade im aktuellen Terrorismus-Geschehen mit den wieder kehrend zitierten Jungfrauen im Paradies, die auf Selbstmord-Attentäter warten, ist dies ein relevanter Diskussions-Beitrag! „Zishan Ghaffar geht der Frage nach, in welchem ereignis- und religionsgeschichtlichen Kontext die Genese des Korantextes steht. Dabei versucht er zu zeigen, dass die koranische Verkündigung für die urmuslimische Gemeinde um den Propheten Muhammad eine Antwort auf die theologischen Herausforderungen ihrer Zeit enthält. Die Verkündigung des Korans zu Beginn des siebten Jahrhunderts fällt in eine geopolitisch turbulente und religionsgeschichtlich krisenhafte Zeit. Innerhalb des ersten Jahrzehnts erlebte das byzantinische Reich den Verlust eines Großteils seines Territoriums an die Sassaniden, der mit der traumatischen Eroberung Jerusalems in 614 n. Chr. und der Entwendung der dort befindlichen Reliquie des „wahren“ Kreuzes einherging. Jedoch konnte der byzantinische Herrscher Herakleios bis zum Jahr 630 n. Chr. die Sassaniden gänzlich zurückdrängen und die Rückkehr des Kreuzes (restitutio crucis) sicherstellen. Zishan Ghaffar legt dar, wie diese Ereignisse zu Beginn des siebten Jahrhunderts und die damit zusammenhängenden eschatologischen und apokalyptischen Ideen ihren Niederschlag im Koran finden.“ Worauf fußen die Texte, worauf beziehen sie sich? Ausgiebig zitierte Originale (plus Übersetzung) lassen die Interpretationen (zu den komprimierten Inhalts-Repliken) gut nachvollziehen. Und der Bezug zum aktuellen Wunschdenken mancher Organisationen formuliert der Autor spätestens abschließend S. 257 klar und deutlich: „Die apokalyptische Ideologie von ISIS steht diametral zur apokalyptischen Dekontextualisierung und Entmilitarisierung des byzantinisch-sassanidischen Konflikts im mittelmekkanischen Surencorpus.“ Alles klar?!
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