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Der Leuchtturm an der Schwelle der Zeit

Autor Natasha Pulley
Verlag Hobbit Presse
ISBN 978-3-608-98636-5

„„Halten Sie sich das Wochenende frei und lassen Sie sich entführen.“ – New York Times“ Nämlich in wechselnde Zeiten, tatsächlich an Schwellen: je vom 18. ins 19. und vom 19. ins 20. Jahrhundert. Weit über 500 abwechslungsreiche, spannende und durchaus nachdenklich machende Seiten in eben hin und her springenden Zeiten: Was wäre, wenn … gewesen wäre? Also konkret vor Trafalgar die Franzosen gewonnen hätten? Eine spielerische, durchaus realiter möglich scheinende Fantasy-SciFi-Story wirklich gelungener Art!

England im 19. Jahrhundert
…bzw. kurz davor und kurz danach bildet den Fokus, mit vielerlei kriegerischen Auseinandersetzungen, mit ambivalent fühlenden wie handelnden Protagonisten: „1898 erwacht Joe Tournier ohne jegliche Erinnerungen am Bahnhof Gare du Roi in Londres. Die Welt steht Kopf: England ist französisch, und Joe wird in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Nur wenig später, als er wieder in Freiheit ist, trifft eine rätselhafte Postkarte bei ihm ein, die 90 Jahre zu ihm unterwegs war. Auf der Postkarte ist ein Leuchtturm auf einer Insel in den Äußeren Hebriden mit dem Namen Eilean Mor abgebildet, auf der Rückseite steht ein kurzer Text: „Liebster Joe, komm nach Hause, wenn du dich erinnerst. M.“ Was hat es mit dem Leuchtturm auf sich und wie kann ein Mann mittleren Alters aus einer 90jährigen Vergangenheit heraus vermisst werden? Und wer ist M.?“ Nach und nach scheint klar zu werden, es handele sich um eine Madline… „Joe macht sich schließlich auf die nicht ungefährliche Reise nach Schottland, um den Leuchtturm zu suchen und findet stattdessen einen Weg in die Vergangenheit.“ Oder vielmehr einen solchen nahe beim Leuchtturm – resp. wird von ihm gefunden… „Unversehens gerät er in die Turbulenzen der großen Schlachten zwischen England und Frankreich, die lange vor seiner Geburt entschieden wurden. Schnell wird klar, dass jeder Schritt in die Vergangenheit auch seine Zukunft beeinflusst.“ Und das ist ja ein wieder kehrendes Thema, wenn´s ums Zeitreisen geht! Hier behandelt an Personen wie auch Rahmenbedingungen, durchaus nahe gehend, siehe: Familie & Freunde …

Wissenschaft und Technik
… spielen eine gewichtige Rolle, mit sprunghafter Entwicklung gerade im 19. Jahrhundert, gerade im Britannien jener Zeit: Im Zentrum wieder kehrend der Telegraf (S. 394f. etc., entscheidend für Kommunikation etwa in und vor Schlachten…) – doch im Grunde alles rund ums Elektrische, sei es Beleuchtung (nettes Detail: Im zeitlichen Hin und Her kann sich schon mal die Form der Glühbirnen leicht verändern, siehe S. 517f.) oder Eisenbahn, erfunden erst im Verlauf des 1800er Jahre – und bis zu 100 Jahre davor durchaus relevant, wenn früher gefunden (resp. vom Zeitreisenden eingebracht). Vielerlei interessante Einblicke gewährt die Autorin auch anderen Aspekten wie dem Kaufhaus als neuer Form von Einkaufs-Erlebnissen (S. 229). PTBS gab´s natürlich auch damals schon, wenn auch anders (oder gar nicht) benannt (S. 297f.). Und wie ist das mit den Sprachen, primär Französisch und Englisch (plus Dialekte), behält ein Zeitreisender derlei Kenntnisse, wenn auch zu anderer Zeit erworben? Homosexualität – war sie was Extravagentes, Normales, Empörung Hervorrufendes (S. 371f. etc.)? Auch Zeitungen nimmt die Autorin in den Blick (S. 447f. etwas mehr)… Fazit: Unterhaltsam, vergnüglich, spannend – und informativ! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter