Der schöne Sommer

„Drei Romane (EDITION BLAU)“ in einem Band versammelt, auf annähernd 500 Seiten, fein gebunden mit Lesebändchen, in sommerlichem Gelb illuminiert: Ein Lese-Erlebnis besonderer Art…

Drei Romane
… auf einen Griff also – und mit unterschiedlichem Blickwinkel, je nach Hauptperson, doch alle dortiges Leben zu damaliger Zeit spiegelnd: Nach dem Titel gebenden „Der schöne Sommer“ folgen dann „Der Teufel auf den Hügeln“ und „Die einsamen Frauen“. „Die Romane führen ins Turin der vierziger Jahre, wo jugendliche Erwartung und Lebensgier, das übermütige Bedürfnis, die Norm zu übertreten, in Desillusionierung und gescheiterte Leidenschaft münden. »Damals war immer Festtag«, so setzt »Der schöne Sommer« ein. Ginia, eine junge Schneiderin, entdeckt die Cafés unter den Arkaden und verliebt sich in den Maler Guido. Bald schon steht sie ihm Modell. Einer Versuchung erliegen auch die drei Studenten in »Der Teufel auf den Hügeln«, die wenig schlafen und viel reden, wenn sie nachts durch die Stadt laufen. Als sie auf dem Landsitz eines Mailänder Dandys ein paar wilde Sommertage verbringen, ist ihrer Jugend abrupt ein Ende gesetzt. Clelia aus »Die einsamen Frauen« könnte einmal die junge Ginia gewesen sein. Die erfolgreiche Modedesignerin kehrt in ihre Heimatstadt zurück, da wird vor ihren Augen die lebensmüde Rosetta, »aufgedunsenes Gesicht und wirre Haare, in einem Abendkleid aus hellblauem Tüll, ohne Schuhe«, auf einer Trage abtransportiert. Die Schattenseite der fröhlichen Serenaden? Paveses »Turiner Romane«, 1950 mit dem Premio Strega ausgezeichnet, haben mit ihrer Aufgekratztheit, der atemlosen Suche nach dem Geheimnis des Lebens und dem seinerzeit neuen jazzhaften Rhythmus auch siebzig Jahre nach Erscheinen nichts von ihrer Modernität verloren. Sie liegen nun vollständig in Neuübersetzung von Maja Pflug vor.“ Mit einem erschließenden und interpretierenden Nachwort von Natalia Ginzburg „Porträt eines Freundes“ (S. 475ff.) ) (plus Zeit-Tafel S. 486f.). Das ist Literatur, unterhaltsam wie historisch-gesellschaftlich informativ, poetisch sanft ins Leben einiger weniger Personen eintauchend, deren pralle Sehnsucht erlebbar machend. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter