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Der Solist

Autor Jan Seghers
Verlag Rowohlt
ISBN 978-3-498-05848-7

„Das dunkle Geflecht des Bösen“ kehrt zurück, in der einen wie der anderen Variante: Stark angelehnt an Terror der jüngsten und jüngeren deutschen Geschichte, ist dieser Thriller ein interessanter Mix aus Lokalkrimi und Dokufiktion, Mord und Beziehung.

Familie und Job
… gehen hier durchaus … durcheinander?! Der Protagonist kann auch „Team“, obwohl eindeutig als Solist definiert und sich selbst definierend, in mehrfacher Funktion unterwegs, wie sich spät für die Leser heraus stellt. Familiär ist mit einer Mutter „gesegnet“, die seinerzeit zum näheren Umfeld der RAF gehörte und dafür auch länger im Gefängnis war, obwohl für ihn als Kind „in Afrika“: Links-Terrorismus. Und aktuell ist er nach Berlin versetzt, um sich um Islam-Terror zu kümmern, so stellt sich der Fall dar: „Polizist wird man aus Überzeugung. Was, wenn es die falsche ist? September 2017. Der Frankfurter Ermittler Neuhaus stößt zur neu gegründeten Berliner «Sondereinheit Terrorabwehr», die in einer Baracke auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof residiert. Die Bundestagswahlen stehen bevor, in der Hauptstadt hat sich die Gefährdungslage drastisch verschärft. Neuhaus ist ein erfahrener Ermittler, doch die Berliner Kollegen begegnen ihm mit Skepsis. Nur die junge Deutschtürkin Suna-Marie kooperiert mit ihm“, genannt Grabowski – Spitznamen rundum, auch in einer rechten Terror-Zelle (damit Perspektive 3!), die in der Polizei selbst angesiedelt ist, wie Leser bald ahnen muss. Ob nun im Nachklang zu Anis Amri oder anderweitig…

Links, rechts oder Islam?
Erinnert stark ans Nicht-Aufarbeiten der NSU-Morde… Denn „da erschüttert eine Serie von Morden die Hauptstadt. Das erste Opfer: ein jüdischer Aktivist, das zweite eine muslimische Anwältin, weitere folgen. Was verbindet die Fälle? Neuhaus, der Solist, macht sich auf die Suche. Und in dieser Stadt, in der einen überall die Vergangenheit anspringt und die Gegenwart bedrängt, kämpft er allein. Fast allein.“ Leider sehr zeitgemäß und aktuell, als Story-Stoff exzellent verarbeitet, spannend wie nachdenklich machend… Stark den zentralen Charakter heraus arbeitend, sei er handelnd, sei er denkend, durchaus lernfähig (S. 258 etwa zu „Super-Recognizer“, informativ!), oder etwa S. 62f.: „Neuhaus glaubte an Orte. Er musste sehen, wo etwas geschehen war. Die Menschen, die man fragte, konnten lügen, oder sie erinnerten sich falsch. Ein Haus, eine Straße, ein Platz aber logen nicht. Sie erzählten Geschichten.“ Voila, gleich ein treffliches Beispiel für den lapidaren Erzähl-Ton, auf Werten verzichtend. Naja, weitgehend, siehe etwa den klaren Hinweis auf das Umgehen zumindest einiger Polizei-Angehöriger mit der Thematik (S. 94f.).
HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter