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Der Spürsinn des Kleinen Doktors

Autor Georges Simenon
Verlag Kampa
ISBN 978-3-311-12504-4

„Vier Fälle“ sind hier versammelt: „Mit dem großen Maigret kann er zwar nicht mithalten – aber der kleine Doktor ermittelt ja auch nicht im Hauptberuf“ und bietet dafür einen etwas anderen Blick auf das Business des Ermittelns  …

Arzt-Sein schützt vorm Ermitteln nicht
Das könnte das Motto dieser Hauptfigur sein, der Simenon schließlich immerhin 13 Fälle gegönnt hat, fernab seinem berühmtesten Ermittler…
„Jean Dollent ist Landarzt in Marsilly, einem Dorf bei La Rochelle. Jung, klein und dürr, wird er liebevoll »der kleine Doktor« genannt. Als er zu einem Hausbesuch gerufen wird und statt eines Patienten eine Leiche vorfindet, ist sein detektivischer Ehrgeiz geweckt. Fortan lässt Jean seinen Arztkoffer immer öfter in der Praxis stehen und löst noch drei weitere Fälle, die ihn in den mondänen Badeort Royan und bis an die Côte d’Azur führen. Dabei stehen nicht von ungefähr eine junge Frau in Hellblau und der Hilferuf einer unbekannten Dame im Mittelpunkt. Denn der kleine Doktor hat zwei Schwächen: Er verliebt sich zu schnell, und Alkohol verträgt er schlecht“ obwohl, bei den Mengen, die er konsumiert, während seiner Ermittlungs-Touren…. „– eine Kombination, die seine Ermittlungen nicht gerade vereinfacht. Leicht und humoristisch im Ton, sind die Fälle des kleinen Doktors ganz anders als die von Maigret (der übrigens ursprünglich Arzt werden wollte). Und doch sind die zwei Ermittler im Geist verwandt: Beide wollen sie das menschliche Rätsel hinter dem Verbrechen lösen.“ Und weil er, der kleine Doktor, entsprechend einfühlsam und völlig anders als die Polizei rangeht, findet er auch so manchen Hinweis, der ihr entgeht, in Person des einen oder anderen Kommissars… Schon bald eilt ihm ein gewisser Ruf voraus, was a bissal an Agatha Christies Lieblings-Detektive erinnert, Marple & Poirot… Auf die Fortsetzung darf vergnügter Leser gespannt sein, geht es hier doch mehr um entspannte, fröhliche Unterhaltung denn um einen Thrill – der bei Maigret denn doch entsteht.

Bibliophil
… ist der Band gestaltet, für diese besondere Reihe: Feine Cover-Abbildung stilisiert, Rundum-Farbschnitt in Rot, fein! Zeigt den guten Doktor beim Picheln, wobei er zwar in Gedanken bedauert, im Rahmen seiner Ermittlungen schon früh und zudem viel Pernod & Co. trinken zu müssen, um beobachten und „nebenbei“ befragen zu können – doch vertragen tut er´s offenbar ja… Gerne entwischt er auch seiner heimischen Praxis und der Hilfe, die auf ihn zu stehen scheint… Und ob er nun gleich oder erst auf Umwegen zum Ziel gelangt, er schafft es. Inhaltlich gehört ein Nachwort (des Verlegers Daniel Kampa selbst) dazu, aus dem Leser einiges übers Schreiben (und zeitweise Nichtschreiben) des berühmten Autors erfährt: Dass er seinen Maigret eigentlich schon bald über hatte (und zunächst 1933 in Rente schickte), lieber ernstere Literatur verfassen wollte, mit der er allerdings weniger gut reüssierte. Mit der Folge, dass er doch wieder… und sei es zum Entspannen: Diese Krimis flossen ihm ziemlich leicht aus der Feder. Der kleine Doktor war ein anderes Zwischenspiel (1938) – ein sehr erfreuliches! „Der Ermittler als Arzt – der Arzt als Ermittler“ S. 241ff. HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter