Der Tag der roten Nase
Autor | Mikko Rimminen |
Verlag | dtv premium |
ISBN | 978-3-423-24948-5 |
„Hast du auch manchmal das Gefühl, dass alleine getrunkener Kaffee ein ziemlich einsames Getränke ist?“. Diese Frage stellt der Trinker Virtanen Irma, die plötzlich bei ihm in der Wohnung auftaucht. Eben, weil sie Kontakt sucht – wofür sie eine eher unkonventionelle Methode wählt, ihren Kaffee eben künftig in Gesellschaft trinken zu können: Sie tritt als Marktforscherin auf – und schon öffnen sich Türen und Herzen, dramatische Verwicklungen inbegriffen. Rasch entwickelt sie eine Art Expertise, lädt sich Informationen und Fragen aus dem Internet herunter und ist künftig mit Fragenbogen ausgestattet unterwegs. Nach und nach schafft sie es, sich immer tiefer in seltsame Situationen zu manövrieren. Und Leser dahin zu bringen, zwischen Kopfschütteln, Mitleid und guter Hoffnung zu schwanken … Die Story geht besser aus als die geschickte Dramaturgie zu drohen scheint. Und vielerlei Wortspiele und sprachliche Delikatessen schaffen wahres Lesevergnügen, siehe etwa S. 179: „… Mein Sohn folgte mir mit angelegten Ohren, soweit das bei deren Ausmaßen möglich war, und stieß abgehackte Bitten um Entschuldigung aus. Innerhalb von zwei Sekunden war ich auf lauwarme Temperatur heruntergekühlt …“. Tja, ihr Sohn spielt auch seine Rolle in dieser Geschichte … Diese hoch poetische Art, mit Sprache umzugehen, mit ihr zu spielen, war fürs Übersetzen sicherlich eine besondere Herausforderung … Uhren spielen eine gewichtige Rolle für Irma: Sie fallen ihr immer gleich ins Auge, sobald sie in einem weiteren Haushalt „eintrifft“. Wobei diese schon auch besondere Uhren-Ticks zu haben scheinen … Metaphorisch geradezu, zeigt sich doch, dass die Dame dazu tendiert, in Zeitenge zu geraten. Der Titel? Nun, aus einer der diversen verrückten Szene rund um Irma entsteht als Folge ein Nasen-Unfall – sie läuft für einige Zeit mit einem geschwollenen Zinken herum. Und das auch noch, als kurz darauf eben der besagte „Tag der roten Nase“ breit getreten wird, in allen Medien: Clowns und kranke Menschen (Nein, wer dabei gleich an Mücken in Finnland dachte: falsch! Wie ich, weil ein Freund gemeint hatte, unseren nostalgischen 10-Tage-Tripp nach Finnland vordenkend, ich solle doch für Anti-Mücken-Trallala sorgen: 1974 sei ich doch mit dicker Nase rum gelaufen, nach einem Mückenstich. War allerdings das Augenlid, seinerzeit…) Im Grunde geht es um alltägliche Katastrophen, wie sie Menschen allenorts passieren können. Finnisch ist vor allem das Lokalkolorit – und mag sein ein wenig auch die Art und Weise, wie diese Menschen miteinander umgehen: sympathisch und viel offener als das Klischee das sagt. Ausgezeichnet wurde dieser Roman mit dem Finlandia-Preis. – Finnland ist Gastland der Frankfurter Buchmesse 2014 – das zeigt Wirkung: Diverse Verlage bringen Übersetzungen finnischer Autoren, die bisher in deutscher Sprache fehlten. So auch Rimminens, eine echte Bereicherung! HPR