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Der unangepasste Mensch

Autor Martin Brüne
Verlag Klett-Cotta
ISBN 978-3-608-96418-9

„Unsere Psyche und die blinden Flecken der Evolution“ nimmt der Autor in den Blick: „Survival of the fittest“ steht eigentlich im Widerspruch dazu, definiert nach dem hier auch gelegentlich zitierten Charles Darwin?! Schau mer mal …

Evolution
… soll ja „eigentlich“ zum Optimieren führen, doch gerade unser Hirn ist noch ziemlich steinzeitlich, was der eine oder andere Beitrag auch im von mir bei Beltz heraus gegebenen „Handbuch Hirnforschung und Weiterbildung“ belegt: „Eine spannende Reise von unseren evolutionären Ursprüngen bis in die Gegenwart, die zeigt, was unser stammesgeschichtliches Erbe bis heute mit uns Menschen macht. Die Anpassungsfähigkeit des Menschen scheint unbestreitbar, aber er ist körperlich und psychisch weniger stabil, als man denkt. Warum werden wir krank, warum altern wir? Warum sind wir häufig so unzureichend an unsere Umwelt angepasst? Martin Brüne sucht nach den evolutionären Ursachen unseres fehlerhaften Designs. Anschaulich und unterhaltsam erzählt der Psychiater und Neurologe vom evolutionären Werdegang des Homo sapiens – von seinem Ursprung vor vermutlich 300.000 Jahren bis in die Gegenwart.“ In 10 Kapitel hat der Autor thematisch wie teils chronologisch unterteilt…

Inhalte kurz gefasst
Das sind die Themen, manch eines davon durchaus provokant formuliert: Menschliche Evolution in der Nussschale * Der Neandertaler in uns * Steinzeit und Moderne: Sind wir lebende Fossilien? * Der Mensch als Ökosystem * Stress und Genetik * Lebensgeschichtliche Muster oder Leben auf der Überholspur * Alter(n) * Denkbar Undenkbares * Die Kränkungen der Menschheit * Be-Handlung. 300 Seiten für 300.000 Jahr! Interessant etwa differenziert r- oder K-Strategie, was Reproduktionsrate und Kapazitätsgrenze meint (S. 32ff.), das Sprach-Gen FOXP2, auch beim Neandertaler durchaus vorhanden (S. 52f., Kommunikation!), Genese von Autoimmun-Krankheiten (S. 86ff.), Stress diverse (u.a. S. 144ff.) oder ADHS (S. 188ff.) oder Alzheimer (u.a. S. 215f.), Placebo-Effekte (S. 276ff.): Vielerlei rund ums Hirn u.a.!

Ein weiter Weg
Dass in unseren etwa Überbleibsel auch des häufig von oben herab betrachteten Neandertaler-Nebenzweiges der Vor-Menschheit verblieben sind, ist inzwischen tunlichst bekannt – was u.a. unser Risiko für Depression erhöht, tja… „Dabei zeigt er, wie wir Menschen uns mit Steinzeitgehirnen in einer modernen Umwelt zurechtfinden müssen, wie unsere biologische Evolution nur mühsam mit den rasanten kulturellen Entwicklungen Schritt halten kann und welche Probleme uns dabei begegnen. 300.000 Jahre evolutionärer Anpassung und dennoch hat die Natur nicht alles zum Besten eingerichtet. Wir haben überlebt, doch unsere körperlichen und psychischen Gebrechen sind leider nicht ausgestorben. Ob Krebs, Herz-Kreislauf- oder Autoimmunerkrankungen, ob Depressionen, Angststörungen oder Schizophrenie – Martin Brünes erhellender Einblick in die Ur- und Frühgeschichte des Menschen ermöglicht ein besseres Verständnis dieser nur allzu gegenwärtigen Leiden.“
HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter