Die größte Agentur der Welt

„kursbuch.edition“ heißt die Reihe, in der dieses Bändchen erschienen ist. Sie hat eine lange Tradition, die u.a. für hinterfragende Manuskripte steht. Dieses hier lässt seine Leser in beeindruckender Weise neue Perspektiven einnehmen, rund um Marke, Werbung, Internet.

Wer schafft Marken?
Natürlich Unternehmen, u.a. mit viel Werbung, oder? Das hinterfragt der Autor, stellt es gar infrage: Die Kunden seien es, die (heutzutage – oder doch schon immer?!) das Markenbild prägen – ihres und das von Anderen, die mehr und mehr auf Kunden-Stimmen achten. Somit ist die Kundschaft (resp. alle, die sich mit dem jeweiligen Produkt, der jeweiligen (Dienst-)Leistung befassen) eben „die größte Agentur der Welt“ … So der Autor: „Wir sind echt ´ne Marke! Wir alle sind gemeint wir, die namenlose Mega-Agentur aus Experten und Spezialisten. Mit unserem geballten Sachwissen und schier unbegrenzten Erfahrungsfundus. Kein Unternehmen der Welt kann mit uns mithalten. Wir testen Produkte und Dienstleistungen und machen sie groß. Wie werden Marken eigentlich zu Marken? Spontane Antwort: hauptsächlich durch Werbung. Dieser Konnex freut die Marketingprofis. Sind sie doch immer noch verliebt in den Gedanken, dass ihre Ideen einem Markenprodukt zum Durchbruch verhelfen.“ So das Selbstbild, nach wie vor … Doch wer schafft das wirklich:

Agenturen – oder „die größte Agentur der Welt“?
Natürlich Menschen in den Agenturen, in ihrer je individuellen Rolle und im Zusammenspiel mit Menschen in Unternehmen: „Sie zeigen die Produktwelt von ihrer allerbesten Seite, erzählen pausenlos vom richtigen und guten Leben und versprechen, Wünsche zu erfüllen, die vielleicht so noch gar nicht existieren. Und weil ihre Bilder so schön, die transportierten Versprechungen so verlockend sind, kaufen die Leute. So weit, so einfach. Bis jetzt: Denn wenn es so einfach ginge, warum stößt Werbung dann heute auf so wenig Beachtung und Akzeptanz? Und das, obwohl sie noch nie so viel Geld, so viel Raum und Zeit verschlungen hat wie in diesen lärmenden Tagen.“ Ja, was ist das eigentlich – Kommunikation?

Markt & Meinungen
Jedenfalls anders als „auch schon“, der evt. besseren „alten Zeit“: Neue Kanäle, neue Kommunikations-Formen sind es, die Menschen im Markt anders agieren lassen. Also alles auf an Anfang? Jedenfalls: „Genau in diese Parade fährt Hermann Sottong. Der Marken- und Organisationsentwickler dreht das Spiel. Er zeigt, dass es die Alltagsdiskurse und Verständigungsprozesse der Konsumenten und Nutzer sind, die aus einem x-beliebigen Angebot eine Marke mit Aufmerksamkeitswert machen. Im Klartext: Wir, die Konsumenten, sind die eigentlichen Markenmacher. Und damit könnten wir die aufgeblasene PR- und Werbewelt eigentlich in den Ruhestand schicken.“ Naja, wenn´s so einfach wäre … Natürlich gibt es sie, die Unternehmen, die auf Werbung verzichten: Gerade kürzlich wurde „in den Medien“ von der Biermarke Oetinger berichtet, die eben das tue – und das „gesparte“ Geld in niedrigere Preise investiere: Wobei, auch Pricing ist Marketing ;-) … Anyway, eine zeitgemäß Warte, die der Autor einnimmt. Absolut des Lesens wert, sich Gedanken zu machen … HPR

Hanspeter Reiter