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Die hohen Berge Portugals

Autor Yann Martel
Verlag Fischer
ISBN 978-3-100-02275-2

Ein verzaubernder, nachdenklich und lächeln machender, an Rätselhaftem reicher Roman. Yann Martel, den meisten Lesern bekannt durch den Roman „Schiffbruch mit Tiger“ (eine Parabel vom und zum Überlebenskampf), beschenkt Romanliebhaber mit „Die Hohen Berge Portugals“ einer dreiteiligen Geschichte, die 1904 beginnt und in den 1980er Jahren endet.

Es ist keine direkt fortlaufende Geschichte. Vielmehr werden in den drei Epochen und Kapiteln „Heimatlos“, „Heimwärts“ und „Heimat“ je neue Personen, Geschichten, Kontexte mit mehr oder weniger verborgenen Details miteinander verwoben. Das Gemeinsame oder Verbindende ist nicht offensichtlich.

Phantastisches, als Metapher für Einsamkeit, liebevolle Verflochtenheit und Sehnsucht nach Heimat, verknüpft der Autor mit der Schilderung von Alltäglichkeiten, zumeist in dialogischer Form, wobei sich ein Gesprächsbeitrag über Seiten hinziehen kann, so etwa die Erläuterung der Romane Agatha Christies als Allegorie auf das Leben und Wirken von Jesus Christus und die Evangelien als metaphern- und allegoriereiche Lehre für die Lebenden.

Die ungewöhnlichen Einfälle verkleidet der Autor in sprachliche Eleganz ohne Dekor, die das Lesen zu einer sanft dahinfließenden Bewegung machen und zuweilen mit einem zärtlichen Witz überraschen, der zwar Schmunzeln, Lächeln, Anerkennung ob der Schöpferkraft hervorruft, indes ohne die fließende Lesebewegung zu unterbrechen.

Die drei Kapitel können als Reise gedeutet werden, getragen von der Suche nach Heimat, von Personen, die keine direkte Verbindung haben und doch Verknüpfendes. Ihnen ist das weniger bewusst als es der aufmerksame Leser entdeckt. Dafür bedarf es einer sehr fokussierten oder einer wiederholten Lektüre; denn wie alle Zauberer verbirgt der Autor poetisch konstitutive Details und Antworten auf Rätselhaftes häufig unauffällig oder in Sprachbildern, die so außergewöhnlich sind, dass man über sie nachdenken muss. Dazu mögen sich zahlreiche Leser verführen lassen.

Regina Mahlmann