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Die informierte Gesellschaft und ihre Feinde

Autor Stephan Russ-Mohl
Verlag Herbert von Halem Verlag
ISBN 978-3-86962-274-3

„Warum die Digitalisierung unsere Demokratie gefährdet (edition medienpraxis 16)“ weist gleich die Richtung dieses Buchs. Der Autor ist Professor für Journalistik und Medienmanagement in Lugano – das ist durchaus erwähnenswert, nimmt er doch eine durchaus kritische Stellung ein, theoretisch bestens fundiert und praktisch-empirisch untersuchend.

Der Inhalt, kurz gefasst
Nun, das sind sie ja, die Themen, mit denen Medien sich „herum zu schlagen“ haben – und ihre Rezipienten naturgemäß auch, rund um Trumps Alternative Fakten und der Lügenpresse-Anwürfe: „Fake News, Halbwahrheiten, Konspirationstheorien die Ausbreitung von Desinformation in der digitalisierten Welt, insbesondere in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter, wird immer mehr zur Bedrohung und zur Herausforderung für unsere Demokratie. Das Buch analysiert, welche Trends die Aufmerksamkeitsökonomie in eine Desinformationsökonomie verwandeln. Stichworte sind der langfristige Glaubwürdigkeitsverlust der traditionellen Medien, das rapide Wachstum und die Professionalisierung der Public Relations, die ungeplanten Folgen der rasanten Digitalisierung, darunter das Fehlen eines Geschäftsmodells für den Journalismus, Echokammern im Netz sowie die Algorithmen als neue Schleusenwärter in der öffentlichen Kommunikation.“ Das ist die eine Seite der Medaille, jene der bisherigen Macher von öffentlicher (und veröffentlichter) Information und Meinung.

Zwei Seiten von Information
Doch die „vierte Gewalt“ im Staat (neben Legislative, Judikative und Exekutive) ist inzwischen mindestens zwiegespalten: „Eine strategische Rolle spielen die allmächtigen IT-Giganten, die sich nicht in ihre Karten gucken lassen möchten. Unter diesen Bedingungen gibt es vermehrt Akteure, die aus machtpolitischen Motiven an medialer Desinformation und an der Destabilisierung unserer Demokratie interessiert sind, oder die aus kommerziellen Motiven eine solche Destabilisierung in Kauf nehmen. Der Tradition der Aufklärung verpflichtet, ist die zentrale Frage des Buches, wie sich der wachsende Einfluss der Feinde der informierten Gesellschaft eindämmen lässt, darunter Populisten, Autokraten und deren Propagandatrupps. Könnte zum Beispiel eine Allianz für die Aufklärung etwas bewirken, der sich seriöse Journalisten und Wissenschaftler gemeinsam anschließen? Dazu bedarf es nicht zuletzt realistischer Selbsteinschätzung aufseiten der Akteure. Dazu verhelfen Erkenntnisse aus der Sozialpsychologie und der Verhaltensökonomie, die im Buch auf die Handelnden und den Prozess der öffentlichen Kommunikation bezogen werden.“ Wobei das breite Thema des „user generated content“ oder auch Bürger-Journalismus gut berücksichtig ist. Apropos: Der Autor bringt schon mal deutsche Begriffe ein, fürs vielseitige Denglish, siehe „Schleusenwärter“ für das gängigere „Gate-keeper“ … Bestens gelungen und sehr zu empfehlen. HPR

Hanspeter Reiter