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Die Rose der Welt

Autor Peter Prange
Verlag Scherz
ISBN 978-3-651-02264-5

… wird sie genannt, die erste Universität der Welt, in Paris, die Sorbonne, benannt nach Robert de Sorbon, der Vorlage für die fiktive Hauptperson im Roman: Wann immer sie nun gegründet sein mag (wohl um 1200), in mehreren Schritten erhält sie ihre Selbstständigkeit = Unabhängigkeit von Kirche und Staat. Zunächst bestätigt durch ein Privileg des Königs, später durch eine päpstliche Bulle – jedoch erst nach Jahren heftiger Auseinandersetzung, 1229-1231. Genau in diesem Zeitraum spielt der Roman, als leicht lesbarer Mix von Historien- und Liebes-Geschichte, rund um ein Freundespaar, wie es unterschiedlicher kaum sein kann – und dennoch ähnlich: Sohn eines Flickschusters der eine, Leibeigener eines lokalen Adeligen der andere, beide im Grunde ohne Chance, jemals mehr als Grundkenntnisse zu erlernen. Sie schließen einen Pakt, der jedoch nicht eingehalten wird und so später die Freundschaft zerbrechen lässt. Trotzdem begegnen sie einander wieder, eben in Paris:

„Der eine, um Karriere als Gelehrter zu machen, der andere, um als Kopist Bücher für den Lehrbetrieb zu produzieren. Am Karneval geraten beide in eine „Eselsmesse“, eine orgiastische Feier der Studenten zur Verhöhnung des Bischofs und der Pfaffen. Ein Tumult bricht aus, Soldaten metzeln die Studenten nieder. Die Folgen erschüttern Paris und ganz Frankreich. Die Sorbonne tritt in den Streik, ein Machtkampf beginnt zwischen den Magistern und ihren Studenten auf der einen sowie der Obrigkeit von Kirche und Staat auf der anderen Seite. Im Sturm der entfesselten Mächte muss Robert sich entscheiden: zwischen der Liebe zur Wissenschaft und seiner Karriere – und der Liebe zur schönen Marie, in der er eine Seelenverwandte gefunden hat. Aber Marie ist die Frau seines besten Freundes Paul …“. Klingt eher wie eine platte Unterhaltung, ist allerdings weit mehr als das: Leser kann Disputationen an der Uni wie auch im Privaten verfolgen, bis hin zum Gedankenaustausch zwischen Robert und Marie, deren Wissbegierde von ihrem Mann Paul nicht befriedigt wird. Was bedeutet Wissen, wie ist es zu gewinnen, wer darf es haben – und wie vermarkten? Noch überwiegen kirchliche Kräfte, die eine Schranke vor unangenehmes Wissen der Antike bauen, siehe Aristoteles … Sehr schön erlebbar der „Kampf“ zwischen Kirche und Staat, zwischen Thronfolger und (regierender) Königinmutter, zwischen den Kirchen-Oberen – und letztlich dem Papst. Auf 500 Seiten wogt dieser Kampf hin und her, scheinbar mal zu Gunsten der einen, dann doch wieder der anderen Seite. Und Robert wie auch Paul mittendrin, in Gefahr, zermalmt zu werden: Da kommen Elemente aus Krimi und Thriller mit ins Spiel, womit der Leser bestens bedient wird, am Rande sogar einer Dokufiktion ;-) … Viel Vergnügen und Gewinn! HPR

Hanspeter Reiter