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Die Waffen des Lichts

Autor Ken Follett
Verlag Lübbe
ISBN 978-3-7577-0006-5

„Kingsbridge-Roman, Band 5“ setzt die Reihe nochmals fort, nunmehr inkl. Prequel mehr als acht Jahrhunderte umspannend. 34 Jahre nach dem Erscheinen des gleich sensationell erfolgreichen Erstlings „Die Säulen der Erde“ dieses Mal überraschend „kurz“, auf knapp 900 Seiten (gegenüber den früheren mit meist deutlich über 1.000 Seiten). „Dennoch“ reicht es für mehrere Zeit-Sprünge (in 45 Kapiteln, in 7 Teilen von „Die Spinnmaschine“ bis „Frieden“), die die Leserschaft von 1792 bis 1824 führen – mehr als drei Jahrzehnte also (auch) hier…

Willkommen zurück in KINGSBRIDGE!
Das aktuelle Auftauchen in diesen „Zeitreisen“ führt uns mitten rein in die aufflammende Industrialisierung, passend in deren räumliches Zentrum: England! Denn „mit seinem neuesten Roman läutet Ken Follett für die Menschen in Kingsbridge eine neue Ära ein. Eine Ära, in der Tradition und Fortschritt aufeinanderprallen, Klassenkämpfe in alle Teile der Gesellschaft vordringen und der gesamte Kontinent von einem erbitterten Krieg erfasst wird: die Zeit der Industrialisierung Fortschritt und Niedergang Ein industrieller Wandel, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat, ergreift ganz England, auch Kingsbridge, und nimmt denjenigen, die in den Garn- und Tuchmanufakturen arbeiten, die Grundlage ihrer Existenz. Gefährliche neue Maschinen ersetzen die Arbeit von Hand und reißen Familien auseinander.“ Da geht es dann um ein Miteinander der Arbeiterschaft, um das Ausbeuten durch die Unternehmer zu vermeiden (siehe S. 186f. usw.), bis hin zum Gründen einer Gewerkschaft (siehe S. 442 etc.). Geschickt lässt der Autor sein Personal die Auseinandersetzungen führen, wobei es hier wie dort durchaus unterschiedliche Meinungen gibt, siehe: Wie gehe ich meinen Arbeitern um, sodass ich (trotzdem) Profit machen? Dazu fällt gar dem schon sehr klassisch kapitalistisch denkenden und handelnden Hornbeam Interessantes ein, etwa Häuser für die Arbeiter bauen zu lassen (S. 372). Auch Kirche und Perspektiven der Sexualität haben Gewicht, siehe Anglikaner und Methodisten (z.B. S. 82f.), siehe Gewalt gegen Frauen und Verstecken von Homosexualität, sei sie weiblich, sei sie männlich… Auch Antisemitismus war seinerzeit „bereits“ gang und gäbe (S. 264f.).

Ein Weltkrieg droht
…weil Napoleon es schafft, bestehende Animositäten zu seinen (Frankreichs?!) Gunsten zu nutzen, um so Europa zu „befreien“ – hmm?! Sehr detailliert präsentiert der Autor (auch) Kriegsführung und seinerzeit „moderne“ Waffen (siehe z.B. S. 704f.). Was wir hier mit-erleben, ist das Napoleonische Zeitalter mit „Krieg und Befreiung Während die Herrschenden in England alles dafür tun, um ihr Land zur dominierenden Wirtschaftsmacht zu formen, greift in Frankreich Napoleon Bonaparte nach der Macht. Bald schon dürstet es ihn nach mehr: Spanien, die Niederlande, ganz Europa. Ein großer internationaler Konflikt bahnt sich an, immer mehr Männer ziehen in den Krieg. Zugleich stellt sich eine Gruppe von Kingsbridgern – darunter Spinnerin Sal Clitheroe, Tuchhändler Amos Barrowfield, Weber David Shoveller und Kit, Sals ebenso erfinderischer wie eigenwilliger Sohn – dem Kampf einer ganzen Generation. Sie streben nach Bildung und Wissen und kämpfen für eine Zukunft ohne Unterdrückung … Fortschritt und Niedergang, Krieg und Befreiung, Liebe und Verrat – in seinem fünften Kingsbridge-Roman rückt Ken Follett erneut ein großes, zeitloses Thema in den Mittelpunkt: den Kampf um Bildung und Meinungsfreiheit.“ Und das eben zuzeiten der anbrandenden Industrialisierung, schon Anfang des 19. Jahrhunderts mit einer Art Vorläufer der späteren Lochkarten arbeitend (S. 542f.). – und u.a. zum Maschinenstürmen der Ludditen führend (S. 653 usw.). Schon modern anmutende Kaufhaus-Konzepte der späteren amerikanischen mall sind zu erleben (S. 730), wie sie dann von Zola für einige Jahrzehnte später gängig beschrieben wurden (Das Paradies der Damen). Erneut gilt: höchst lesenswert, unterhaltsam und informativ-bildend! HPR www.dialogprofi.de www.gabal.de

Hanspeter Reiter