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Geist oder Geld

Autor Hans-Jürgen Jakobs
Verlag sonstige
Seiten 240 Seiten
ISBN 978-3-86612-158-4
Preis 18,00

„Die Grenzen zur Literatur sind fließend“ schreibt der Autor in seinem Buch mit dem Untertitel „Der große Ausverkauf der freien Meinung“, in dem er seine reiche Erfahrung zusammen fasst, gewonnen u.a. als Leiter der SZ-Medienseite und später von sueddeutsche.de. Und er zitiert den Zeitschriftenverleger Hubert Burda mit dem Bonmot, Journalismus sei „Literatur in Eile“ (S. 57): „Das klingt anmaßend, bezogen auf viele Artikel des täglichen Bedarfs – und doch steckt in einer guten politischen Zeitungspointe ein Aphorismus. Und doch ist in der schönen eleganten Formulierung einer Zeitschriftenreportage etwas Romanhaftes, etwas, das Lust am Lesen schafft.“ Oha, eine klare Botschaft, die mich an das Konzept des „New Journalism“ erinnert,: Mit Geschichten rund um Personen den Leser ins Geschehen hinein ziehen – das kennen Trainer, Berater und Verkäufer als „Story-telling“. Als Beispiel für nahezu vollkommene, umfassende Medienmacht innerhalb eines Konzerns dient ihm Berlusconi in Italien (S. 118): „Es kommt noch vieles hinzu in diesem System der totalen Kontrolle über Medien. Hinter Berlusconis Fernsehunternehmen Mediaset gibt es noch einen weiteren Familienkonzern, die Holding Fininvest, und die wiederum steuert den größten Verlag des Mittelmeerstaats, das Unternehmen Mondadori. Es handelt sich hierbei unter anderem um den größten Buchverlag Italiens, der es im Jahr 2007 … auf knapp 30 Prozent Marktanteil brachte. Mondadori ist ebenso die Heimat bedeutender Journale wie Panorama … (und) … mit seinen 40 Titeln und einem Marktanteil von knapp 40 Prozent die Nummer eins im Lande…“

Wenn die Kritik auch nachvollziehbar ist und vielleicht auch deutschen Konzernen wie Bertelsmann und in früheren Zeiten Springer geschuldet, zeigt sich an diesem Beispiel ein interessanter Ansatz für die Zukunftsfähigkeit von Verlagen: Die Vielfalt im Einsatz von Content. Vielleicht deshalb gibt es seit Jahren im romanischen Raum (vor allem in Italien und Spanien) eine viel stärkere Nähe und Verbindung von Buch und Zeitung bzw. Zeitschrift, in Deutschland erst vor wenigen Jahren durch den Süddeutschen Verlag aufgenommen, wie von mir in diveren Verlagshandbuch-Artikeln dargelegt (www.input-verlag.de). Deshalb gilt auch umgekehrt, es prüfe der Buchverleger, in welcher Form er seinen Content potenziellen Lesern vermittelt, und zwar diesseits von Online, in Printform: Künftig werden gedruckte Zeitungen, Kataloge* und Bücher die „Premium-Edition“ darstellen! So wie  umgekehrt interessanter Weise eine Washington Post vor allem durch einen angeschlossenen Schul(!)buchverlag am Leben erhalten wird (S. 152). Jakobs plädiert übrigens im Rahmen seiner „acht Thesen“ u.a. für eine Art Medienqualitätsgebühr als Weiterentwicklung der GEZ (S. 196) – was für manche Buchverlage in Form von öffentlichen Zuschüssen mehr oder weniger schon existiert: Welche Förderung käme für Sie als Weiterbildungsanbieter infrage, zukunftsorientierte Projekte anzuschieben?

Dem Autor geht es letztlich darum, eine sinnvolle Verbindung von Qualität und Quantität zu erhalten, auch in Zeiten massenhafter Kostenlos-Angebote im Internet. Trainer und Bildungsinstitute stehen vor vergleichbaren Herausforderungen, siehe Trends hin zur Wissensvermittlung über eLearning, virtuelle Lernräume usw. Was bedeutet es denn, wenn mehr und mehr Inhalte von den Teilnehmern selbst einzubringen sind? Welche Rolle nimmt Trainer künftig so ein, dass ihm weiterhin Bedeutung zugemessen wird? Lassen Sie sich anregen, sich weiter führende Gedanken zu machen, wünscht HPR!

Hanspeter Reiter